Aktuelle Neurologie 2006; 33 - P565
DOI: 10.1055/s-2006-953389

Die Präzision der Schätzung von Prävalenzen und Häufigkeiten

P. Scherer 1
  • 1Berlin

Hintergrund: In der Literatur werden häufig 95%-Konfidenzintervalle (95%CI) (Untergrenze LCI; Obergrenze UCI) von Prävalenzen (prev) und Häufigkeiten (h) mit der Formel [LCI;UCI]=r±1,96((r(r-1)/n)0,5 approximiert; wobei r=h/n und n=Fallzahl. Dass diese Schätzung bei kleinen n und kleinen r(1-r) zu falschen Grenzen führt, möge folgendes Beispiel illustrieren. In einer für eine Grundgesamtheit repräsentativen Stichprobe von 25 Menschen sei ein Fall (gegebenes Kriterium erfüllt) gefunden worden. Die Prävalenz des Merkmals in der Grundgesamtheit soll geschätzt werden. Ergebnis: prev[LCI;UCI]=0,04 [-0,037; 0,12]. LCI ist dabei absurd, da negativ.

Fragestellung: Gibt es überlegene Methoden zur Bestimmung der Konfidenzgrenzen von Häufigkeiten und Prävalenzen?

Algorithmus des Simulationsprogramms

dprev=Genauigkeit, mit der die Prävalenz gesucht werden soll.

Methoden: Um korrekte asymmetrische Konfidenzintervalle zu erzeugen, wurde eine Simulation programmiert. Die Ergebnisse dieses Simulationsprogramms wurden mit analytischen Modellen (Liu 2004) verglichen. Im oben genannten Beispiel ergibt sich durch Simulation prev [LCI; UCI]=0,04 [0,0095; 0,20], was einem realistischen Ergebnis entspricht. Berechnete LCI und UCI sollten nicht mehr als 5% von den simulierten Ergebnissen abweichen, um hier als ausreichend präzise zu gelten.

Ergebnisse: Die von Liu 2004 favorisierte analytische Methode entspricht mit relativ hoher Präzision den simulierten Ergebnissen, d.h. LCI und UCI unterscheiden sich weniger als 5% von den simulierten Werten für eine große Spanne von untersuchten Fallzahlen n und relativen Häufigkeiten r (grobe Programmstruktur für Fallzahlen bis 10000 siehe Abbildung 1). Die in der Literatur angegebene Einschränkung für die Gültigkeit der Approximation „n*r≥5 and n*(1-r) ≥5“ verhindert zum Teil absurde Ergebnisse; Lius vorgeschlagene analytische Lösung ist jedoch präziser mit der simulierten Lösung vereinbar.

Diskussion: Aufgrund der leichten Simulierbarkeit der Streuung von Häufigkeiten bietet sich die Verwendung von Simulationsprogrammen zur Bestimmung von Konfidenzintervallen an, im anderen Fall kann die von Liu vorgeschlagene Lösung angewandt werden. Die klassische Approximation, welche auf einer Normalverteilungsannahme beruht, wie eingangs formuliert, ist über viele Fallzahlen und Häufigkeiten hinweg weniger präzise. Hohe Präzision ist von großer Bedeutung für die Berechnung von Sensitivität, Spezifität und anderen abgeleiteten statistischen Größen.