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DOI: 10.1055/s-2006-953312
Mononeuritis multiplex als Manifestation einer lepromatösen Lepra
Einer Mononeuritis multiplex können beispielsweise Kollagenosen und Vaskulitiden, ein Diabetes mellitus oder eine Sarkoidose zu Grunde liegen. Sie kann auch paraneoplastisch oder erregerbedingt sein.
Kasuistik: Wir berichten über einen 39-jährigen, aus Sri Lanka stammenden Patienten, der vor 9 Jahren erstmals Kribbelmissempfindungen und ein Taubheitsgefühl in Händen und Füßen bemerkte. 3 Jahre später fielen schmerzhafte Schwellungen im Bereich der Fußrücken-/Knöchelregion beidseits sowie im Bereich des linken Oberarmes und der Hände auf. Desweiteren traten Konjunktivitiden und Blepharitiden auf, rezidivierend wurden kleine rundliche Hautrötungen beobachtet. Wiederholt kam es zu unklaren Fieberschüben.
In der neurologischen Untersuchung fanden sich in den vom N. ulnaris versorgten kleinen Handmuskeln leichtgradige Paresen (KG 4/5), eine Hypästhesie im Bereich des ulnaren Unterarmes, der Finger III bis V beidseits und im Bereich beider Füße sowie der distalen Unterschenkel.
Ein auffällig verdickter Strang an der Oberarminnenseite links stellte sich sonographisch als segmentale Verdickung des N. ulnaris dar. Elektrophysiologisch ergaben sich Hinweise auf eine axonal-betonte Neuropathie des N. ulnaris links und der Nn. peronaei, die Nn. surales waren ohne Reizantwort. Im STIR-gewichteten MRT des linken Oberarms zeigte sich ein signalangehobener, auf 10×8mm verdickter N. ulnaris im Bereich des mittleren Oberarmschaftdrittels. Eine Biospie des N. suralis rechts ergab ein entzündliches Infiltrat mit Vakuolen. In der Ziehl-Neelsen-Färbung kamen rote säurefeste Stäbchen zur Darstellung. Mittels der Fite-Faraco-Färbung gelang der Nachweis von Lepra-Bakterien.
Diskussion: Die klinische Symptomatik und die elektroneurographischen Befunde ordneten wir einer Mononeuritis multiplex zu. Unter Berücksichtigung der Herkunft des Patienten zogen wir eine infektöse Genese durch den Erreger Mycobacterium leprae in Betracht. Die histologische Sicherung erfolgte durch eine Biopsie aus dem N. suralis. Bei Nachweis einer multibazillären lepromatösen Lepra wurde der Patient einer Kombinationstherapie mit Dapson, Rifampicin und Clofazimin (WHO-Schema) zugeführt.
Die Lepra ist eine der häufigsten Ursachen für Neuropathien in den Entwicklungsländern und ein klassisches Beispiel für infektiöse Erkrankungen des peripheren Nervensystems.
Der dargestellte Fall veranschaulicht, dass beim Vorliegen einer Mononeuritis multiplex bei Reisenden und Migranten auch an eine Lepra gedacht werden sollte.