Aktuelle Neurologie 2006; 33 - P463
DOI: 10.1055/s-2006-953288

Akutes A. cerebri media Syndrom – immer Thrombolyse?

M. Malter 1, C. Mohs 1, U. Meyding-Lamadé 1, C. Schwark 1
  • 1Frankfurt

Fallvorstellung: Eine 79jährige Pat wurde vom Notarzt zwei Stunden nach akutem Auftreten einer inkompletten Aphasie mit Hemiparese rechts vorgestellt. Auf dem Weg in die Klinik war die Symptomatik bereits leicht rückläufig, verschlechterte sich dann kurz nach Aufnahme wieder deutlich. Die kraniale Computertomographie zweieinhalb Stunden nach Symptombeginn zeigte einen altersentsprechenden Befund, ohne Hinweise auf eine Blutung oder Infarktfrühzeichen. In der dann erfolgten Duplexsonographie der Carotiden fand sich ein Verschluss der linken A.carotis interna mit echoarmen Material bei deutlichem kinking des Gefäßes. Das EKG bei Aufnahme war bis auf intermittierende Sinustachykardien unauffällig.

Therapie: Es erfolgte eine akute operative Carotisdesobliteration. Intraoperativ zeigte sich ein glattwandiges Gefäß mit ausgeprägtem Kinking. Es konnte ein mehere Zentimeter langer, roter Thrombus komplett aus dem Gefäß gewonnen werden. Postoperativ besserte sich der Zustand der Pat rasch, die Aphasie war vollständig, die Hemiparese bis auf einen Kraftgrad von 4+/5 rückläufig. Die kraniale CT am Folgetag zeigte eine mäßig großen Infarkt der lateralen Stammganglien mit leichter hämorrhagischer Transformation. In der Langzeit-EKG fand sich eine intermittierende Tachyarrhythmia absoluta. Die Pat wurde im weiteren Verlauf oral antikoaguliert.

Diskussion: Bei Patienten mit akut aufgetretenen und anhaltenden neurologischen Defiziten mit unauffälligem cCT und vermuteter ischämischer Genese der Symptomatik erfolgt im 3h-Zeitfenster die intravenöse Thrombolyse, ohne weiterführende Diagnostik. Diagnostische Ultraschalluntersuchungen können unter laufender Therapie durchgeführt werden. Bei fluktuierender Symptomatik mit sekundärer Verschlechterung sollte insbesondere bei Pat mit absoluter Arrhythmie an einen embolischen Verschluss der A.carotis gedacht werden. Die Notfall-TEA der Carotis kann dann auch bei wirksam antikoagulierten Pat (nach Gabe von PPSB oder fresh-frozen Plasma) erfolgen. Die Besonderheit unseres Falles liegt in der anatomischen „Falle“ die das kinking der Carotis unserer Pat darstellte und letztlich möglicherweise einen prognostisch ungünstigen Carotis-T-Verschluss verhindert hat.