Aktuelle Urol 2006; 37 - V120
DOI: 10.1055/s-2006-947509

Sexualfunktion vor und nach laparsokopischer radikaler Prostatektomie

M Hruza 1, D Teber 1, M Schulze 1, J Rassweiler 1
  • 1Urologische Klinik, SLK-Kliniken, Heilbronn

Einleitung: Die Erfassung der postoperativen Sexualfunktion bei Patienten nach radikaler Prostatektomie ist schwierig und umfangreich. Neben objektiven Parametern (z.B. IIEF-05) sollten subjektive Parameter wie das Interesse an der Sexualfunktion und die Zufriedenheit aus Sicht des Patienten und auch der Einsatz von Erektionshilfen evaluiert werden. Auch muss der präoperative Status bezüglich der Sexualfunktion berücksichtigt werden. Im Rahmen unserer Patientennachsorge mittels Fragebogen wurden Patienten nach laparoskopischer radikaler Prostatektomie auch hierüber befragt.

Material und Methoden: 955 der ersten 1000 Patienten, die sich in unserer Klinik einer laparoskopischen radikalen Prostatektomie unterzogen, wurden mit einem neu entwickelten Fragebogen befragt, welcher standardisierte objektive Parameter ebenso enthält wie Fragen zum subjektiven Patientenempfinden und zu verschiedenen Teilaspekten von postoperativer Morbidität und Lebensqualität. Die Rücklaufquote betrug 76% (n=730) mit einem medianen Follow-up von 42 (20–82) Monaten. Das mittlere Patientenalter beträgt 64 (44–82) Jahre.

Ergebnisse: Bei der objektiven Erhebung der präoperativen Sexualfunktion mittels IIEF-05 zeigten 36,6% der Patienten eine erektile Dysfunktion (ED). 20,2% waren vor der Operation unzufrieden mit ihrer Sexualfunktion, lediglich 3,1% aller Patienten gaben jedoch an, vor der Operation Erektions-Hilfsmittel benutzt zu haben. Das präoperative Interesse an Sexualität nimmt mit zunehmendem Alter signifikant ab (99,3% Interesse bei Patienten <60 Jahre, 89,4% bei Patienten >70 Jahre; p<0,001). Das postoperative Interesse an Sexualität ist, verglichen mit den präoperativen Werten, in allen Altersgruppen signifikant niedriger: Patienten <60 Jahre 90,7% postoperativ vs. 99,3% präoperativ; p=0,001. Patienten >70 Jahre 63,4% postoperativ vs. 89,4% präoperativ; p<0,001. Der Anteil der mit der Sexualfunktion sehr unzufriedenen Patienten liegt postoperativ bei 49,3% derer, die präoperativ zufrieden waren. Dennoch probierten nahezu die Hälfte der unzufriedenen Patienten nie eine Erektionshilfe (>70 Jahre 66,1%) aus. Während 58,0% der Patienten unter 65 Jahren, welche Erektionshilfen nutzen, erfolgreich sind, sind dies nur 45,8% derer, die 65 Jahre alt oder älter sind. Dieser Unterschied ist statistisch signifikant (p=0,038). Aus dem erfolgreichen Ausprobieren von Erektionshilfen resultiert nur in 30,7% der Fälle ein regelmäßiger Gebrauch, wobei für eine spätere Ablehnung in erster Linie unerwünschte Nebenwirkungen (37%), fehlender Sexualpartner (20%), Schwierigkeiten in der Handhabung (17%) oder entstehende Kosten (17%) verantwortlich sind.

Schlussfolgerungen: Objektiv messbare ED und subjektive Unzufriedenheit mit der Sexualfunktion sind bereits vor radikaler Prostatektomie häufig. Das Interesse an Sexualität sinkt nach Prostatektomie und zeigt prä- und postoperativ eine signifikante Abhängigkeit vom Lebensalter. Trotz teilweise großer Unzufriedenheit mit der postoperativen Sexualfunktion werden therapeutische Hilfsmittel nur von der Hälfte der Patienten eingesetzt. Ein dauerhafter Einsatz wird nur unzureichend praktiziert. Anstrengungen gelten daher, neben einer weiteren Verbesserung der operativen Möglichkeiten, einer intensiveren postoperativen Betreuung unserer Patienten.