Aktuelle Urol 2006; 37 - V81
DOI: 10.1055/s-2006-947470

Anticholinerge Therapie mit Tolterodin bzw. Oxybutynin retard bei einnässenden Kindern – Unsere Erfahrungen

J Hoang-Böhm 1, W Shah 1, ST Kwon 1, JK Badawi 1, P Alken 1
  • 1Urologische Klinik, Universitätsklinikum Mannheim, Mannheim

Einleitung:

Bei vielen einnässenden Kindern findet man als Ursache eine geringe Blasenkapazität bzw. Blaseninstabilität. In diesen Fällen kommen bei der Therapie Anticholinergica zum Einsatz; zugelassen sind hier bei Kindern Oxybutynin und Propiverin. Bei starken Nebenwirkungen oder dem Ausbleiben eines Therapieerfolges ist ein „Off-Label-Use“ mit anderen Anticholinergica möglich.

Material und Methodik:

Von Januar bis Dezember 2005 behandelten wir insgesamt 20 tags bzw. nachts einnässende Kinder „Off-Label-Use“ mit Tolterodin ret. bzw.Oxybutynin. Alle Kinder waren bei Behandlung mit bislang zugelassenen Anticholinergica Non-Responder bzw. zeigten unter ihnen starke Nebenwirkungen. Vor Einleitung einer Therapie wurde mittels Anamnese, Sonographie des oberen Harntrakts und der Blase, Einnäss- und Trink-Miktions-Protokollen sowie Flow-EMGs als Ursache des Einnässens eine kleine Blasenkapazität bzw. Detrusorüberaktivität gefunden. Während der medikamentösen Einstellung wurde nach 6 und 18 Wochen die Nebenwirkungsrate, Blasenkapazität, der Resturin und Einnässfrequenz in der laufenden Therapie überprüft.

Ergebnisse:

Insgesamt behandelten wir 9 Kinder mit Tolterodin und 11 mit Oxybutynin ret.. Das Durchschnittsalter lag bei 8,2 bzw. 8,0 Jahren. Die mit Tolterodin behandelten Kinder benötigten durchschnittlich 2,3mg/Tag, die Einnässfrequenz tagsüber reduzierte sich bereits nach kurzem Beobachtungszeitraum tagsüber auf unter 50% bei 3/5 Kindern, 2/5 waren komplett trocken; nachts zeigte sich eine Besserung bei 2/7, eine Reduktion der Einnässfrequenz auf unter 50% bei 3/7 und 2 Kinder wurden komplett trocken. Bei den mit Oxybutynin ret. behandelten Kindern wurden durchschnittlich 8,2mg/Tag (5–10) benötigt; tagsüber besserte sich die Einnässfrequenz auf unter 50% bei 2/6 Kindern, 3/6 waren komplett trocken; nachts zeigten 4/8 eine leichte Besserung, die übrigen 4 Kinder eine Reduktion der Einnässfrequenz auf unter 50%. Bei keinem der beiden Medikamente wurden gravierende Nebenwirkungen angegeben.

Zusammenfassung:

Bei einnässenden Kindern mit kleinkapazitärer überaktiver Blase, die Therapieversager auf die zugelassenen Medikamente – Oxybutynin und Propiverin- sind, ist ein „Off-Label-Use“ mit Tolterodin bzw. Oxybutynin ret. erfolgversprechend. Nebenwirkungen sind selten, das Nebenwirkungsspektrum gering. Ob es Schwerpunktindikationen geben kann, können erst größere Fallzahlen zeigen.