Aktuelle Urol 2006; 37 - V61
DOI: 10.1055/s-2006-947449

Follow-Up von Patienten mit radikaler Prostatektomie und initialen präoperativen PSA-Werten von über 20 ng/ml

U Zwergel 1, M Hack 1, U Schreier 1, T Schröder 1, B Wullich 1, J Lehmann 1, M Stöckle 1
  • 1Klinik für Urologie und Kinderurologie der Universität des Saarlandes, Homburg/Saar

Einleitung: Allgemein werden initiale PSA-Werte von über 20g/ml bei Prostatakarzinom-Patienten, auch wenn keine Knochenmetastasen nachzuweisen sind, mit einer ungünstigen Prognose assoziiert und daher oft als Kontraindikation für eine radikale Prostatektomie (RP) angesehen. In der Fachliteratur gibt es auch nur wenige Daten zum Follow-up solcher Patienten. Das war Anlass, retrospektiv die Krankheitsverläufe der eigenen Patienten nach RP mit präoperativen PSA-Werten ≥20ng/ml zu analysieren.

Patienten und Methodik: Die retrospektive Analyse umfasst 271 Männer, die sich von 01/1986 bis 06/2005 einer RP unterzogen und bei denen präoperative PSA-Werte von 20ng/ml und mehr festgestellt worden waren. Im Falle eines organüberschreitenden Tumorwachstums bzw. positiver Lymphknoten im OP-Präparat erfolgte bis 2000 eine sofortige Androgenablation (meist subkapsuläre Orchiektomien bds). Seither wird die postoperative Hormonbehandlung nur bei allgemeiner oder biochemischer Progression eingeleitet.

Die vorgestellten Ergebnisse der Krankenaktenevaluation beziehen sich im Wesentlichen auf die pTN- Stadien der OP-Präparate, die PSA-Werte und die Überlebensraten.

Ergebnisse: Das mediane Patientenalter lag zum Zeitpunkt der Operation bei 64,4 (45–76) Jahren. Bei 56 Patienten handelte es sich um ein organbegrenztes (pT1 bzw. pT2)-Stadium; 203 Patienten hatten ein pT3- und 10 ein pT4-Stadium (n=2 ohne Stadium-Einteilung). 80 der 271 Patienten wiesen lokoregionäre Lymphknotenmetastasen auf. Das initiale präoperative PSA variierte von 20 bis maximal 560 ng/ml; die postoperativen Werte lagen zwischen „nicht nachweisbar“ (<0,03ng/ml) und 1750 ng/ml (mit Progression der Erkrankung). Vier Patienten wiesen einen PSA-Anstieg erst 100 Monate nach RP auf.

Insgesamt sind bisher (mit Stand von Januar 2006) 41 der 271 Patienten verstorben, davon 17 am Tumorleiden. Das mittlere Follow-up der nicht verstorbenen Patienten beträgt 43 Monate (0,5–232 Monate). Die Gesamtüberlebensrate der eigenen Patienten betrug nach 5 Jahren 84% und nach 10 Jahren 70%; die Tumor-spezifische Überlebensrate war 94% nach 5 Jahren, respektive 83% nach 10 Jahren. Für die Berechnung der biochemischen progressionsfreien Überlebensraten wurden nur diejenigen Patienten berücksichtigt, die keinen sofortigen Androgenenzug erhielten (um den „echten“ PSA-Verlauf erkennen zu können). Bei n=107 lag die „PSA-freie“ Überlebensrate nach 5 Jahren bei 52%.

Schlussfolgerungen: Im Vergleich zur Literatur handelt es sich um ein großes Kollektiv an Patienten nach Prostatektomie mit initialen PSA-Werten ≥20ng/ml. Auch wenn bei den eigenen Patienten initial etwa 80% ein lokoregionäres Karzinom hatten, findet man Überlebensraten, die für eine gute Tumorkontrolle sprechen. Daher erscheint die radikale Prostatektomie auch bei hohen präoperativen PSA-Werten gerechtfertigt, sofern selbstverständlich vor OP keine Knochenmetastasen nachgewiesen werden.