Aktuelle Urol 2006; 37 - V49
DOI: 10.1055/s-2006-947437

Etablierung großer radikaler Tumorchirurgie in einem kleinen peripheren Krankenhaus am Beispiel der Radikalen Prostatektomie

C Lang 1, E Ugor 1, F Lahl 1, S Alloussi 1
  • 1Städt. Klinikum Neunkirchen, Akademisches Lehrkrankenhaus der Universität des Saarlandes, Neunkirchen

Einleitung:

Für große tumorchirurgische Eingriffe werden hohe Stückzahlen gefordert. Gleichwohl erfolgte in einer kleinen urologischen Hauptfachabteilung die Radikalen Prostatovesikulektomie (Rad.-PE). Durch diese Arbeit soll geprüft werden, ob bei relativ kleiner Operationszahl eine hohe Qualität erreicht und der Eingriff etabliert werden kann.

Methode:

Durch retrospektive Evaluation eines externen Untersuchers werden die Ergebnisse der ersten 92 konsekutiven Rad.-PE von 4'01–3'03 untersucht: zur Beurteilung der operativen Qualität werden intra- und postoperative Parameter herangezogen, zur Beurteilung des onkologischen Ergebnisses wird die Radikalität durch histologische Befundung sowie durch postoperativen PSA-Verlauf untersucht.

Die Bewertung der funktionellen Ergebnisse der Rad.-PE erfolgt durch Befragung des Miktionsverhaltens, der Erektionsfähigkeit sowie von Lebensqualitätsmerkmalen durch schriftliches, unpersönliches halbstandardisiertes Interview mit abteilungsexternem Auswerter.

In selektioniertem Kollektiv (n=5 konsekutive gefäß-nervprotektive Rad.-PE) erfolgte eine prospektive Evaluation der Erektionsfähigkeit.

Ergebnisse:

Unter minimalen perioperative Komplikationen mit einer Mortalität von 0% ergab sich eine hohe Radikalität durch R0 Resektion in 97,8% der Fälle trotz organüberschreitendem Tumorwachstum in 1/3 der Fälle. Bei initial lokal begrenztem Tumorstadium zeigte sich in einem Fall ein PSA-Rezidiv mit klinischem Lokalrezidiv 3 Jahre postop.

89% der Pat. berichten über Frühinkontinenz am Tage der Blasenkatheterentfernung I°-II°, im Follow-up von 6–47 Monaten haben 2 Patienten eine vollständige Belastungsinkontinenz III° (5 Vorlagen/die), großer Urinverlust mit 2–4 Vorlagen/die 7,5% Pat., minimaler Urinverlust < kleiner 5g (1 oder 2 Vorlagen/die) 23,5% der Pat., keinen Urinverlust 68,75% der Pat. (1 Sicherheitsvorlage oder keine Vorlage/die). Nur 13,75% der Patienten fühlen sich im Alltag belastet.

Die Erektionsfähigkeit ist bei 8,75% der Patienten erhalten. Gleichwohl besteht bei diesen Patienten eine hohe Zufriedenheit mit dem operativen Ergebnis.

Aufgrund der geringen postoperativen Erektionsfähigkeit erfolgte eine prospektive Evaluation mit Gefäß-Nerverhalt bei 5 Pat. mit Alter <65 Jahren, guter präoperativer Erektion, PSA<10ng/ml, Gleason<7. Bei allen 5 Patienten blieb die Erektion erhalten.

Zusammenfassung:

Auch in kleiner Einheit ist trotz relativ geringerer Operationszahl als in großen Zentren ein hervorragendes Ergebnis hinsichtlich onkologischer Radikalität als auch hinsichtlich funktioneller Ergebnisse mit geringer Inkontinenzrate und hoher Patientenzufriedenheit möglich. Die Bedeutung der Erektilen Dysfunktion muss unter dem Aspekt der Radikalität des Eingriffes überdacht und ihr Anteil an der Patientenzufriedenheit korrigiert werden. Gleichwohl ist unter Berücksichtigung der Indikation der Erhalt des Gefäßnervenbündels und der Erektion möglich.

Ein Konzentrationseffekt auf wenige, große Kliniken allein aufgrund der höheren Operationsfrequenz ist nicht erforderlich.

Die Rad.-PE konnte in der Abteilung mit jährlicher Frequenz von 70–100 Einriffen etabliert und ausgeweitet werden.