Aktuelle Urol 2006; 37 - V48
DOI: 10.1055/s-2006-947436

Wait-and-see beim inzidentellen Prostatakarzinom?

B Hadaschik 1, C Thomas 1, JW Thüroff 1, SW Melchior 1
  • 1Urologische Klinik und Poliklinik der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz, Mainz

Einleitung: Ein inzidentelles Prostatakarzinom (PCa) wird bei der TUR-P in bis zu 15% entdeckt. Die adäquate Folgetherapie nach Detektion dieser Karzinome wird jedoch kontrovers diskutiert. Wir führen seit 1998 vor geplanter TUR-P eine nach freiem/totalem PSA-Quotienten (Q) gesteuerte Prostatakarzinomdiagnostik durch und entnehmen bei einem PSA von 4–10 ng/ml bei Q <23% sowie bei einem PSA von 2–4 ng/ml bei Q <15% Zwölffachbiopsien. Retrospektiv haben wir nun diejenigen Patienten analysiert, bei denen seit 1998 trotzdem erst durch die TUR-P ein inzidentelles Karzinom entdeckt wurde.

Material und Methoden: In den Jahren 1998–2004 wurde bei 1931 Patienten mit vermuteter benigner Prostatahyperplasie (BPH) und entsprechender Symptomatik eine TUR-P durchgeführt. Hierbei fand sich in 104 Fällen ein inzidentelles PCa (5,4%). Von diesen 104 Patienten wurden unter Berücksichtigung der Lebenserwartung und des Gleason Scores bislang 26 radikal prostatektomiert (Altersmedian 63 Jahre). Die Aufarbeitung aller Prostatektomiepräparate erfolgte nach der 3mm Stufenschnitt-Technik. Als insignifikanter Residualtumor wurde ein Volumen

<0,5 cm3 definiert.

Ergebnisse: 17 der operierten Patienten hatten T1a und 9 T1b Tumore.

In der T1a Gruppe zeigte das Prostatektomiepräparat in 35% der Fälle (6/17) keinen Residualtumor und in 65% (11/17) pT2 Tumore, in der T1b Gruppe entsprechend in 22% (2/9) und 78% (7/9). Organüberschreitende pT3 Tumore wurden nicht gefunden.

Der präoperative Differenzierungsgrad der Tumore erlaubte keine sichere Vorhersage des endgültigen Gradings. Bei 30% der prostatektomierten Patienten (8/26) zeigte sich in der endgültigen Histologie ein Upgrading und bei 42% entweder ein Downgrading des Gleason Scores oder kein Residualtumor (3+8/26). Insgesamt war der Gleason Score in 81% der Fälle (21/26) unter 7. Bis zum jetzigen Zeitpunkt wird einer der operierten Patienten aufgrund eines PSA-Progresses hormonablativ behandelt.

In der Gruppe der 78 nicht-prostatektomierten Patienten (Altersmedian 72 Jahre) fanden sich

65 T1a und 13 T1b Tumore. Insgesamt 11 dieser 78 Patienten werden aktuell prophylaktisch (9) oder aufgrund eines PSA-Progresses (2) hormontherapiert. Ein fortgeschrittenes Prostatakarzinomleiden findet sich bis heute bei keinem der beobachteten Patienten mit inzidentellem PCa.

Schlussfolgerungen: Durch eine konsequente Biopsiestrategie vor TUR-P kann die Rate inzidenteller Prostatakarzinome im TUR-Material deutlich gesenkt werden. Wenn im radikalen Prostatektomiepräparat bei inzidentellen Prostatakarzinomen noch Tumor vorhanden ist, handelt es sich häufig um gut differenzierte, organbegrenzte Karzinome. Zumindest bei inzidentellen

T1a Tumoren mit Gleason Score kleiner 7 scheint somit eine abwartende Haltung nach TUR-P gerechtfertigt.