ZFA (Stuttgart) 2006; 82(9): 420-421
DOI: 10.1055/s-2006-942190
DEGAM-Nachrichten

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40 Jahre DEGAM: Weiterbildung in der Allgemeinmedizin - Ist-Zustand und Ausblick

40 Years DEGAM: Continuing Education in the General Practice - Present State and PerspectiveW. Kölling1
  • 1Gemeinschaftspraxis Mandelbachtal-Ommersheim
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Publication Date:
06 October 2006 (online)

Die Professionalisierung in einem Gebiet steht und fällt mit der Qualität einer strukturierten und curricularen Aus-, Weiter- und Fortbildung.

Dies gilt insbesondere für den umfassenden Versorgungsauftrag des Faches Allgemeinmedizin, das sich durch Arbeitsbereich, Arbeitsweise und Arbeitsgrundlagen eigenständig definiert.

Der 106. Deutsche Ärztetag in Köln hat im Jahre 2004 das neue Gebiet „Innere und Allgemeinmedizin” geschaffen. Dabei soll sich der künftige Facharzt nach einer gemeinsamen Weiterbildungszeit von mindestens 2 (wahlweise 3 Jahren) in der inneren Medizin (Stationsdienst) entweder für eine hausärztliche oder für eine internistische Spezialisierung entscheiden. Im hausärztlichen Zweig ist nach dem „Common trunk” eine curriculare Weiterbildung im ambulanten Bereich mit abschließender Prüfung zum Facharzt für Innere und Allgemeinmedizin/Hausarzt nach fünf Jahren vorgesehen.

Die vorgeschlagene Gebietskonstruktion soll die einheitliche Qualifizierung im primärärztlichen Bereich sicherstellen, auch vor dem Hintergrund, dass der Gesetzgeber vorsieht, die vertragsärztliche Grundversorgung ausschließlich Pädiatern und Allgemeinärzten zu übertragen.

Gemäß der neuen Musterweiterbildungsordnung qualifiziert die Weiterbildungszeit in der internistischen Krankenhausabteilung künftige Hausärzte für die Diagnose und Akutbehandlung derjenigen Krankheitsbilder, die einer stationären Abklärung und Behandlung bedürfen und die in der Allgemeinarztpraxis nicht unbedingt zu den regelmäßig häufigen Beratungsanlässen zählen. Im ambulanten Weiterbildungsbereich werden Kenntnisse und Fertigkeiten aus den versorgungsrelevanten Bereichen der Medizin an einem unausgelesenen Patientengut vermittelt.

Die Sektion „Weiter- und Fortbildung” der DEGAM hat sich an den langjährigen Diskussionen um Strukturen und Inhalte des neuen Gebietes aktiv beteiligt und letztendlich gemeinsam mit Vertretern der internistischen Berufs- und Fachverbände sowie der Bundesärztekammer den Rostocker Kompromiss konsentiert. Schweren Herzens wurde dabei der Wegfall der ehemals 240-stündigen Kursweiterbildung in Kauf genommen, die nach Meinung unserer Wissenschaftlichen Fachgesellschaft wesentlich zur Identifizierung mit dem Fach beigetragen hatte.

Die Beibehaltung dieses Seminar-Konzeptes war jedoch aufgrund massiver Widerstände des Marburger Bundes (finanzielle und zeitliche Belastung durch die Kursarbeit) sowie des Vetos von BDI und DGIM nicht durchsetzbar.

Die Weiterbildungsordnung wird im Jahr 2007 auf dem kommenden Deutschen Ärztetag in Münster erneut diskutiert werden, auch unter dem Gesichtspunkt der EU-Konformität. Gerade im Hinblick auf eine Professionalisierung der Allgemeinmedizin sollten dann vordergründige Bedenken und Fachgruppenegoismen hinter eine konstruktive inhaltliche Diskussion zurücktreten. Letztendlich geht es um die innerhalb der Gebietsgrenzen bestmögliche Grundversorgung unserer Bevölkerung, die entsprechend definiert, gelehrt und praktiziert werden muss.

Eine bedarfsadaptierte, dem Versorgungsauftrag entsprechende Weiterbildung soll darüber hinaus die gute Erreichbarkeit unter angemessener regionaler Verteilung, ein auf die Bedürfnisse und Konsultationsanlässe der Bevölkerung abgestimmtes primärärztliches Leistungsspektrum und eine entsprechende Qualifikation der Hausärzte garantieren.

Diesem Ziel dient das DEGAM-Konzept der Verbundweiterbildung (N. Donner-Banzhoff), das in das „Initiativprogramm” Allgemeinmedizin integriert werden könnte und das den regionalen Zugang zu WB-Stellen regelt.

Die Schaffung von Weiterbildungsverbünden erscheint als nahe liegende Lösung für strukturelle Weiterbildungsprobleme, die zur Verknappung von Stellenangeboten für allgemeinärztliche KollegInnen in verschiedenen patientennahen Disziplinen („kleine Fächer”) führen. Durch ein Rotationsprinzip, wie es im angloamerikanischen Sprachraum schon seit über 40 Jahren etabliert ist, könnte eine breit gefächerte, versorgungsrelevante Weiterbildung strukturell (organisatorischer „Überbau”, Vertragsgestaltung) und personell (Mentor) unterstützt und gefördert werden.

Dr. med. W. Kölling

Saarbrücker Str. 25 b

66399 Mandelbachtal-Ommersheim

Email: Wusck.Koelling@t-online.de

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