Wir berichten über eine 24-jährige Patientin, die uns wegen eines schmerzlosen Ikterus
eingewiesen wurde.
Anamnese: zunehmender Pruritus seit 14 Tagen
Klinik: Sklerenikterus, diskreter Hautikterus, Kratzexkoriationen, RR 120/90mmHg.
Größe 1.75 m, Gewicht 85.4kg.
Labor: Bilirubin 73.7 direktes Bilirubin 58.3, Gamma-GT 1.87, AP 3.54, ALAT 2.67,
ASAT 1.49, Parasitologische Serumdiagnostik: Entamoeba histolytica, Echinococcus granulosus
und Echonicoccus multilocularis negativ
Sonographie: Im Lappenübergangsgebiet unregelmäßig begrenzte septierte Zyste mit Maximaldurchmesser
von 41mm. Gallengang im Hilusbereich 11mm erweitert, intrahepatische Gallenwege links
bis 7mm weit.
ERCP: Glatt begrenzte 2cm lange Gallengangsimpression im proximalen Gallengang, Hilusbereich
und im linken Ductus hepaticus. Pankreasgang normal.
Sonographische Punktion: Aus der Zyste im Lappenübergangsgebiet 30ml seröse Flüssigkeit
abpunktiert, anschließend 1% Polidocanol instilliert.
Punktatzytologie: Leukozytenreiches Punktat ohne Anhalt für Malignität
Intraduktaler Ultraschall via ERCP (20MHz):
Darstellung einer polyzystischen Läsion von 11–12mm Durchmesser im proximalen Gallengang
von der Gallengangswand ausgehend ohne wandüberschreitendes Wachstum mit glatter Kontur
und fast vollständiger Impression des Lumens.
Cholangioskopie: Im proximalen Gallengang glatte, gelbliche Vorwölbung mit bräunlichen
Arealen, eindrückbar, mit Cholangioskop gerade passierbar. Linker Hauptgallengang
verlegt, rechter frei. Biopsie der Gallengangsläsion.
Histologie: Fibrosiertes Gewebe mit Pigmentkonkrementen.
Operative Therapie: Hemihepatektomie links mit Hepaticusgabelresektion und Cholezystektomie,
Anlage eine biliodigestiven Anastomose nach Y-Roux.
Histologie: Muzinöses Zystadenom der Leber mit Beteiligung des Gallenganges
Wertung: Aufgrund der Leberzyste im Lappenübergangsgebiet bestand zunächst der Verdacht,
das die Impression des Gallengangs im Hilusbereich durch diese Zyste verursacht wurde.
Nach sonographisch gezielter Entleerung der Zyste bestand die Impression im Gallengang
jedoch weiterhin. Durch intraductalen Ultraschall und Cholangioskopie konnte daraufhin
eine eigenständige zystische Gallengangläsion diagnostiziert werden, die einer erfolgreichen
chirurgischen Therapie zugeführt wurde. Zur Differenzialdiagnose der sehr seltenen
intraduktalen zystischen Gallengangsläsionen mit Ikterus (in PubMed 27 Einzelfälle)
gehören: Schwannom, Gallengangspapillom, Choledochozele, muzinöses Zystadenom und
Cholangiokarzinom.