psychoneuro 2006; 32(1): 14
DOI: 10.1055/s-2006-932263
Blickpunkt

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Response und Remission in der Schizophrenie - Können/müssen wir die Behandlungsziele verändern?

Further Information

Publication History

Publication Date:
06 February 2006 (online)

 

Wie Prof. Andreas Heinz, Charité Berlin, auf einer Fortbildungsveranstaltung erläuterte, ist die Pharmakotherapie bei schizophrenen Erkrankungen nur die halbe Miete. Randomisierte Studien haben bereits gezeigt, dass die Rezidivrate klinisch relevant verbessert werden kann, wenn die Patienten zusätzlich Psychoedukation erhalten und/oder die Angehörigen des Patienten in die Behandlung mit einbezogen werden. Eine Senkung der Rezidivrate ist um so wichtiger, seit bekannt ist, dass die Prognose mit der Anzahl der Rezidive schlechter wird (Lieberman et al. J Clin Psychiatry 1996).

Ein Problem ist jedoch die hohe Noncompliance, die in der Langzeitbehandlung mit Antipsychotika zwischen 40 bis 50% liegt. Eine Chance könnten dagegen neue Substanzen bieten, die Stimmung, Kognition und Lebensqualität der Patienten verbessern und möglicherweise sogar neuroprotektiv wirken. Studien mit neueren Neuroleptika weisen bereits darauf hin, dass dies mit diesen Medikamenten der Fall sein könnte. Dies haben auch bildgebende Verfahren bestätigt. So steht die Negativsymptomatik z.B. in Zusammenhang mit einem zerebralen Volumenverlust, der sich vorwiegend in Erweiterungen der lateralen und des dritten Ventrikels sowie der frontalen und der temporalen Sulci zeigen, aber auch mit einer Atrophie im präfrontalen Kortex sowie in fronto-subkortikalen Schaltkreisen und in Veränderungen des medialen Temporallappens mit einer Ausdünnung des Kortex und einer linkshemisphärisch betonten Größenminderung des anterioren Hippokampus.

Nach Lieberman können atrophische Prozesse unter neueren Antipsychotika vermieden werden (Lieberman et al. Arch Gen Psychiatry 2005). Garver et al. (Biol Psychiatry 2005) konnten sogar beobachten, dass die Atrophie z.B. unter Risperidon im Gegensatz zu einer Behandlung mit Haloperidol wieder zurückgeht.

Was nützt jedoch das beste Medikament, wenn es nicht eingenommen wird? Nach den Ergebnissen der aktuell viel diskutierten CATIE-Studie (Lieberman et al. New Engl J Med 2005) sind die Patienten trotz aller medikamentöser Verbesserungen der letzten Jahre nicht deutlich complianter geworden bzw. brechen ihre Behandlung unter alten und neueren Antipsychotika offenbar ähnlich erschreckend oft ab (innerhalb der Studiendauer von 18 Monaten unter Olanzapin 64%, Quetiapin 82%, Risperidon 64%, Ziprasidon 79%, Perphenazin 75%). Eine Möglichkeit aus diesem Dilemma bieten Depotpräparate, die eine deutlich höhere Compliance aufweisen. So steht mit Risperdal® Consta® das erste neuere Antipsychotikum in Depotform zur Verfügung. Unter dieser Medikation bessern sich auch selbst vorher stabil auf die orale Risperidonform eingestellte Patienten klinisch signifikant. Nach ersten Ergebnisse der FAME-I-Studie (Pajonk et al. Pharmacopsychiatry 2005), in die 300 Patienten in neun Kliniken eingeschlossen waren, wären etwa 40% der Patienten bereit, ein Depot zu nehmen, bei den Patienten, die bereits auf ein Depot eingestellt sind, sogar 75%. Die Studie zeigte außerdem, dass für die Einstellung der Patienten zu ihrer Medikation vor allem das Arzt-Patienten-Verhältnis und die Krankheitseinsicht entscheidend sind.

    >