Zusammenfassung
Infolge des EuGH Urteils (Jaeger) vom 9.9.2003 [1], in dem eindeutig festgelegt wurde, dass Bereitschaftsdienst Arbeitszeit ist, wurde
das neue deutsche Arbeitszeitgesetz (ArbZG) [2] am 1.1.2004 in Kraft gesetzt. Die bis dahin geltenden Arbeitszeitmodelle sollten
schnellstmöglich den neuen Bestimmungen angepasst werden. Dass dies nicht so ohne
weiteres zu bewerkstelligen war, zeigt die jüngste Verlängerung der Übergangsregelung
um ein Jahr bis zum 31.12.2006. Die Fragestellung vor diesem Hintergrund lautet also
nicht nur ob, sondern auch welche Arbeitszeiten bzw. Arbeitszeitmodelle lassen sich
unter den derzeit geltenden Vorschriften umsetzen. Für die Intensivstationen ergab
sich aus dem ArbZG kein wesentlicher Handlungsbedarf. Die Funktionsabteilungen mit
ihren vielfältigen Aufgaben und unterschiedlichsten Strukturen wurden aber insbesondere
durch die Vorgaben der Tages- und Wochenhöchstarbeitszeiten und der Ruhezeitregelung
trotz aller Ausnahmeregelungen gezwungen, ihre bis dato gültigen Arbeitszeitmodelle
anzupassen (erst recht im Geltungsbereich des TVÖD [3], der den Rahmen nochmals einengt). Für die Mitarbeiter stand neben der Entlastung
eher der finanzielle Aspekt einer Umgestaltung der Arbeitszeit im Vordergrund. Diese
Aspekte gelten insbesondere dort, wo bisher im Anschluss an den Bereitschaftsdienst
weitergearbeitet wurde.
Auf der Basis einer Strukturanalyse sollte nach Absprache mit allen beteiligten Berufsgruppen
der einzelnen Abteilungen ein abteilungsübergreifendes Konzept erarbeitet werden,
das trotz aller ökonomischen Zwänge die Qualität der Patientenversorgung erhält, die
finanziellen Veränderungen berücksichtigt und für die Gesamtorganisation stimmig ist.
Aufgrund der Komplexität der Sachlage und der Vielzahl an Beteiligten ist das Hinzuziehen
von externem Sachverstand sinnvoll. Eine Vielzahl von Modellen ist mittlerweile auch
im Internet veröffentlicht, die, auf die jeweilige Situation angepasst, sinnvoll erscheinen.
(www.lasi.osha.de [4], www.arbeitszeitberatung.de [5] usw.). Wir präferieren ein Modell aus versetzten Diensten mit Nacht- und Wochenendbereitschaftsdiensten,
das auch angepasst unter TVÖD-Bedingungen funktioniert. Die finanziellen Verluste
halten sich in Grenzen, da im Gegensatz zur bisherigen Praxis die Ruhezeiten zum Teil
durch Abfeiern zuvor erbrachter Mehrarbeit gewährleistet werden. Als Fazit zeigt sich,
dass eine Umsetzung individuell möglich ist. Je nach Größe und Gegebenheit des Krankenhauses
ist dies jedoch nicht ohne personelle und/oder organisatorische Verbesserungen zu
realisieren.
Literatur
- 1
Urteil EuGH vom 9.9.2003 in der Rechtssache „Jaeger”, basierend auf der Richtlinie
93/104/EG des Rates vom 23.11.1993, der Richtlinie 2000/34/EG in der geänderten Fassung
und dem Urteil EuGH vom 3.10.2000 in der Rechtssache „Simap”.
- 2
ArbZRG.
- 3
TVÖD.
- 4 LASI. Veröffentlichung LV 30: Arbeitszeitgestaltung in Krankenhäusern - Arbeitszeitproblematik
am Beispiel des ärztlichen Dienstes. 2. Auflage. Düsseldorf; Eigenverlag des „Länderausschuss
für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik” 03/2005
- 5
http://www.arbeitszeitberatung.de.
- 6
Herrmann L.
Bereitschaftsdienst am Scheideweg. Methodische Grundkenntnisse zur Entwicklung positiver
Perspektiven.
Der Personalrat.
2006;
3
111-114
- 7 Herrmann L, Hoff A. Systematische Wege zu einer zukunftsfähigen Arbeitszeit-Organisation
im ärztlichen Dienst und im Funktionsdienst. Arbeitszeit: Gesetz - Modelle - Beispiele
ku-Sonderheft 2004 6
- 8
Kösters R.
DKG zur Arbeitszeitproblematik der Klinikärzte.
Der Tag (ehemalige DRG-Zeitung).
2006;
1
1
- 9 Lörcher K. Bereitschaftsdienst ist Arbeitszeit - Arbeitsschutz hat Vorrang. Verdi
01/2004
- 10
Blum K, Müller U, Offermanns M.
Auswirkungen alternativer Arbeitszeitmodelle. Forschungsprojekt des Deutschen Krankenhausinstituts
im Auftrag der Deutschen Krankenhausgesellschaft.
Düsseldorf.
02/2004;
Wolfgang Klein
Klinik für Anästhesiologie, Intensivmedizin und Schmerztherapie, Universitätsklinikum
des Saarlandes
Kirrberger Straße
66421 Homburg
Email: wolfgang.klein@uniklinik-saarland.de