Klin Monbl Augenheilkd 2005; 222 - V46
DOI: 10.1055/s-2005-922968

Abnormal projizierende Netzhautareale bei Albinismus-Patienten

M Hoffmann 1, A Morland 2, B Lorenz 3, L Schmidtborn 4
  • 1Universitäts-Augenklinik Magdeburg
  • 2Dept. Psychology / Royal Holloway University London
  • 3Universitäts-Augenklinik Regensburg
  • 4Universitäts-Augenklinik Freiburg

Hintergrund: Bei Albinismus-Patienten projiziert ein Teil der temporalen Netzhaut fälschlich zur kontralateralen Hemisphäre [1]. Mit einem angepassten VEP-Paradigma haben wir das Ausmaß der Fehlprojektion bestimmt und geprüft, ob es in einem Zusammenhang mit der visuellen Funktion der Albinismus-Patienten steht. Methoden: Bei 16 Albinismus-Patienten wurden Sehschärfe und Stereosehen geprüft und die horizontale Nystagmus-Amplitude bestimmt. Zur Bestimmung des Ausmaßes der abnormalen Sehnervenprojektion wurden VEPs auf „Pattern-onset“-Reize, die an 10 verschiedenen Positionen entlang des horizontalen Meridians in zufälliger Reihenfolge gezeigt wurden, abgeleitet (horizontale Ausdehnung im linken oder rechten Halbfeld: 0°-2,5°; 2,5°-6°;6°-11,5°;11,5°-17°; 17°-27°; vertikale Ausdehnung: ±12°). VEPs wurden gegen Fz von okzipitalen Elektroden (O1-04) bei monokularer Reizung des rechten und linken Auges abgeleitet. Differenzkurven der VEPs, die über gegenüberliegenden Hemisphären abgeleitet wurden, ermöglichen die Unterscheidung von normaler und abnormaler Projektion [2]. Ergebnisse: Bei allen 16 Patienten zeigten die VEPs bei Reizung der parazentralen Netzhaut eine abnormale und bei Reizung der peripheren Netzhaut eine normale Projektion an. Die abnormale Projektion betraf, je nach Patient, zwischen 2° und 15° der zentralen temporalen Netzhaut (Median 8°). Es war kein Zusammenhang zwischen Nystagmus-Amplitude oder Sehschärfe und dem Ausmaß der Fehlprojektion evident; ein Zusammenhang mit Stereosehen konnte nicht geprüft werden, da für keinen der 16 Probanden Stereosehen nachgewiesen wurde. Schlussfolgerung: Der Anteil der fehlprojizierenden temporalen Netzhaut variiert zwischen Patienten mit Albinismus. Ein Zusammenhang dieser Variabilität mit der visuellen Funktion ist zunächst nicht evident. Literatur: [1] Guillery (1986) Trends Neurosci 9: 364–71; [2] Apkarian et al. (1983) Electroenceph Clin Neurophysiol 55: 513–531