Klin Monbl Augenheilkd 2005; 222 - KV21
DOI: 10.1055/s-2005-922943

Primär okuläre Manifestation bei MuSK-Antikörper-positiver Myasthenia gravis

J Clauß 1, V Bau 1, F Hanisch 2, S Zierz 2
  • 1Universitäts-Augenklinik Halle,
  • 2Neurologische Universitätsklinik Halle

Hintergrund: Acetylcholinrezeptor-Antikörper (AchR-Ak) sind in 85% der Patienten mit generalisierter, aber nur in 50% der Patienten mit rein okulärer Myasthenia gravis (MG) nachweisbar. Muskelspezifische Rezeptor-Tyrosinkinase-Antikörper (MuSK-Ak) sind bisher bei 38–54% der Patienten mit AchR-Antikörpern negativer (seronegativer) MG gefunden worden, jedoch nicht bei rein okulärer MG. Seronegative, MuSK-positive MG gilt als therapieresistenter als seropositive MG. Es wurden bei zwei Patienten mit primär okulärer Manifestation und seronegativer MG MuSK nachgewiesen.

Methodik: 2 Fallberichte.

Ergebnisse: Pat. 1. Eine 42-jährige Patientin zeigte wechselnde Motilitätseinschränkungen und Ptosis beider Augen. Doppelbilder wurden seit 3 Monaten beklagt. Simpson- und Tensilontest waren positiv. Ein Dekrement bei repititiver Nervenstimulation des N. accessorius war nachweisbar. Der MuSK-Ak-Titer war 22,03 (normal <10). Trotz Therapie mit Pyridostigmin und Prednisolon kam es innerhalb von 4 Wochen zur Generalisierung der Erkrankung mit Dysphagie, allgemeiner Muskelschwäche und respiratorischer Krise nach Thymektomie (histopathologisch: Thymusatrophie). Die Symptome waren erst nach Plasmapherese regredient. 6 Monate später war eine Komplettremission unter Pyridostigmin 510mg/d und Azathioprin 150mg/d zu verzeichnen. Pat. 2. Eine 61-jährige Patientin litt seit 2 Monaten unter wechselnder Ptosis ohne Diplopie. Simpson- und Tensilontest waren positiv. Der MuSK-Ak-Titer war 18,6 (normal <10). Unter der Behandlung mit Pyridostigmin 240mg/d, Methylprednisolon 70mg/d und Azathioprin 150mg/d war eine Besserung der Ptosis zu verzeichnen. Eine Generalisierung trat innerhalb von 6 Monaten nicht auf.

Schlussfolgerung: Beide Patienten weisen darauf hin, dass eine primär rein okuläre Manifestation einer MG mit MuSK assoziiert sein kann. Bei seropositiver MG generalisieren innerhalb von 2 Jahren 34–86% bei zunächst rein okulärer Beteiligung, unter immunsuppressiver Therapie nur 7–17%. Bei Pat. 2 hat möglicherweise die effiziente Immunsuppression eine Generalisierung verhindert. Der MuSK-Nachweis kann bei primär okulärer Manifestation ein Hinweis auf spätere Generalisierung der Erkrankung sein und damit in der Therapieentscheidung eine Rolle spielen.