Klin Monbl Augenheilkd 2005; 222 - R9
DOI: 10.1055/s-2005-922280

Medikamentöse Therapie erworbener Nystagmuserkrankungen

H Steffen 1
  • 1Universitäts-Augenklinik Würzburg

Ein erworbener Nystagmus entsteht häufig bei einem peripheren oder zentralen vestibulären Ungleichgewicht oder aber bei einer Läsion des Neuralen Integrators und seiner Verbindungen. Die Betroffenen leiden meist unter Oszillopsien und deutlicher Verringerung ihrer Sehschärfe und adaptieren nur unvollständig an ihre Störung. Eine erfolgreiche medikamentöse Behandlung erworbener Nystagmusformen ist zwar nicht immer möglich, jedoch lassen sich bei vielen Betroffenen die Beschwerden mit einer medikamentösen Therapie bessern. Die pharmakologische Behandlung hat zum Ziel, die Frequenz und/oder die Amplitude der unfreiwilligen Augenbewegungen zu reduzieren. Dies geschieht über eine modulierende Wirkung der Neurotransmitter an den Rezeptoren. Mit Erfolg wurden bisher eingesetzt das Memantin, ein Glutamatagonist, das häufig bei erworbenem Pendelnystagmus, z.B. im Rahmen einer Encephalomyelitis disseminata, wirksam ist. Benzodiazepine (Clonazepam, Diazepam) beinflussen GABA-erge Neurone über eine Wirkung an GABA-A Rezeptoren und werden u.a. bei Downbeat-Nystagmus, erworbenem Pendelnystagmus und Opsoklonus eingesetzt. Gabapentin, welches in den GABA-Stoffwechsel eingreift, ist bei erworbenem Pendelnystagmus wirksam. Baclofen, ein GABA-B-Rezeptoragonist gilt als Mittel der Wahl beim erworbenen periodisch alternierenden Nystagmus und ist auch mit Erfolg bei Upbeat- und Downbeat-Nystagmus eingesetzt worden. Die Wirksamkeit von Substanzen, die in die cholinerge Übertragung eingreifen, ist in mehreren Studien nachgewiesen worden. Hierzu zählen intravenös appliziertes Scopolamin und Benzatropin sowie Trihexphenidyl, das oral verabreicht werden kann. Die genannten – parasympatholytisch wirkenden – Substanzen sind bei bei Downbeatnystagmus und bei erworbenem Pendelnystagmus mit Erfolg eingesetzt worden.