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DOI: 10.1055/s-2005-919595
Gehfähigkeit und Lebensqualität bei Multipler Sklerose: ein linearer Zusammenhang?
Fragestellung: Rollstuhlabhängigkeit ist eine verbreitete Outcome-Variable in Therapiestudien zur Multiplen Sklerose (MS). Sie bildet aber nur einen Teil der Beeinträchtigungen bzw. der gesundheitsbezogenen Lebensqualität der Betroffenen ab. Mehrere Studien weisen außerdem auf einen nicht-linearen Zusammenhang zwischen Gehfähigkeit und Lebensqualität bei MS hin. In dieser Studie wird deshalb an einer großen Stichprobe von MS-Betroffenen untersucht, wie sich Patienten mit unterschiedlich starken Beeinträchtigungen der Gehfähigkeit in ihrer Lebensqualität unterscheiden.
Methoden: 7305 MS-Betroffene wurden gebeten, einen Fragebogen auszufüllen. Erhoben wurden die Lebensqualität (Multiple Sclerosis Quality of Life (MSQOL)-54), soziodemographische und krankheitsbezogene Daten.
Ergebnisse: 3045 Patienten sendeten den Fragebogen ausgefüllt zurück (Rücklaufquote 41,7%, Durchschnittsalter 48,2J.). 47,6% der Patienten hatten keine wesentliche Beeinträchtigung der Gehfähigkeit (Gruppe 1), 21,2% der Patienten waren in ihrer Gehfähigkeit eingeschränkt aber nicht auf einen Rollstuhl angewiesen (Gruppe 2) und 31,2% der Patienten waren weitgehend auf einen Rollstuhl angewiesen (Gruppe 3). Auf der körperlichen Summenskala des MSQOL-54 war der Unterschied zwischen Gruppe 1 (63,1 +/- 17,5 (MW +/- SD)) und Gruppe 2 (44,3 +/- 15,3) deutlich größer als der Unterschied zwischen Gruppe 2 und Gruppe 3 (37,5 +/- 15,1). Beide Unterschiede waren signifikant. Auf der psychischen Summenskala unterschieden sich zwar Gruppe 1 (55,3 +/- 18,1) und Gruppe 2 (50,6 +/- 19,2) signifikant voneinander, nicht aber Gruppe 2 und Gruppe 3 (48,1 +/- 20,3). Der Unterschied zwischen diesen beiden Gruppen war deutlich kleiner. Dieses Bild zeigt sich auch nach einer statistischen Elimination der Effekte des Alters und der Krankheitsdauer und der Berücksichtigung des Geschlechts der Probanden.
Schlussfolgerungen: Für die körperliche und die psychische Lebensqualität von MS-Betroffenen ist nicht ausschlaggebend, ob die Betroffenen auf einen Rollstuhl angewiesen sind. Bedeutendere Unterschiede in der Lebensqualität findet man zwischen Personen mit weitgehend uneingeschränkter Gehfähigkeit und Personen mit Beeinträchtigungen der Gehfähigkeit, die aber nicht auf einen Rollstuhl angewiesen sind. Die Ergebnisse sprechen also für einen nicht-linearen Zusammenhang zwischen Gehfähigkeit und Lebensqualität. Die Zweckmäßigkeit der Verwendung der Rollstuhlabhängigkeit als Outcome-Variable muss angezweifelt werden.