Aktuelle Neurologie 2005; 32 - P464
DOI: 10.1055/s-2005-919496

Spinale Ischämie nach chiropraktischem Manöver

B Ostermann 1, A Gerstner 1, T.F Beyer 1, K Schepelmann 1, W.H Oertel 1, N Sommer 1
  • 1Marburg

Eine 23-jährige Patientin suchte wegen Rückenschmerzen ihren Hausarzt auf. Hier erfolgte ein chiropraktisches Manöver mit wiederholter, vehementer Flexion und anschließender Extension der gesamten Wirbelsäule. Die Patientin verspürte einen einschießenden Schmerz in beiden Armen mit anschließendem Taubheitsgefühl ab Brüsthöhe. Nach weiteren ca. 15 Minuten entwickelte sich eine schlaffe Lähmung des linken Beines.

Klinisch-neurologisch fand sich bei Aufnahme ein linksseitiges Hornersyndrom, eine distal betonte Parese beider Arme, eine Plegie des linken Beines, eine dissoziierte Empfindungsstörung ab T5 mit aufgehobenem Schmerz- und Temperaturempfinden rechtsseitig und eine Blasenentleerungsstörung.

Im weiteren Verlauf kam es zu einer Verbesserung der Paresen der oberen Extremitäten, im linken Bein bildete sich eine spastische Parese aus.

Im MRT-Untersuchung der HWS fand sich eine linksseitig betonte anteriore sowie linksseitig auch nach dorsal reichende Läsion von C5 bis T1.

Die dopplersonographische Untersuchung der hirnversorgenden Gefäße sowie eine CT-Thorax-Angiographie zeigte kein Hinweis auf eine Dissektion, auch die Liquoruntersuchung erbrachte einen unauffälligen Befund.

Diskussion: Klinisch-neurologisch präsentierte diese Patientin ein akutes Brown-Séquard-Syndrom mit passender MR-Läsion. Der ventrale Anteil der Läsion liegt somit im Versorgungsgebiet der A. spinalis anterior, der dorsale im Versorgungsgebiet der paarigen A. spinalis posterolateralis. Es muss daher eine segmental angelegte Wurzelarterie konstatiert werden, als Zufluss sowohl zur A. spinalis anterior als auch zur A. spinalis posterolateralis.

Aufgrund des engen zeitlichen Zusammenhang des Auftretens der Symptomatik und des chiropraktischen Manövers, ist am ehesten von ischämischen Läsion des Myelons bedingt durch eine Dissektion einer Wurzelarterie auszugehen.

Unseres Wissens handelt sich hierbei um den ersten beschriebenen Fall einer ischämischen Läsion im Bereich des Myelons nach Durchführung eines chiropraktischen Manövers.