Aktuelle Neurologie 2005; 32 - P389
DOI: 10.1055/s-2005-919423

Diagnose einer opportunistischen Toxoplasmose-Enzephalitis durch Nachweis von Tachyzoiten in Liquor und Hirngewebe

C Palm 1, H Tumani 1, T Pietzcker 1, C Sommer 1, D Bengel 1
  • 1Ulm

Die zerebrale Toxoplasmose ist neben anderen parasitären, bakteriellen und viralen Erkrankungen eine typische opportunistische Erkrankung des Immunsupprimierten. Während beim Immunkompetenten eine Infektion meist asymptomatisch oder mit geringer klinischer Symptomatik abläuft, kommt es bei HIV-Patienten ohne suffiziente antivirale Therapie zu einer oft generalisierten Infektion mit Lymphadenitis und multiplen Koagulationsnekrosen in unterschiedlichen Organen. Zerebrale Manifestationen sind dabei im Vergleich zu kardialen und pulmonalen Manifestationen führend und scheinen unter anderem durch das neurotoxische Potential bestimmter viraler HIV-Genprodukte prädisponiert zu sein. Während beim Immunkompetenten die Diagnose vorwiegend durch den Nachweis spezifischer IgG- und IgM-Antikörper gestellt werden kann, ist dies beim Immunsupprimierten, insbesondere bei fortgeschrittenem Krankheitsstadium (CD4+-Zellzahl unter 200/microliter), oft aufgrund der sero-logischen Untersuchung nicht aussagekräftig. Daneben liefert eine PCR zwar Ergebnisse mit hoher Sensitivität, steht aber als Standarddiagnostik nicht überall zu Verfügung. Eine Liquorkultur kann, allerdings mit großer zeitlicher Latenz, ebenso richtungsweisende Befunde liefern. Andere diagnostische Möglichkeiten sind außerdem entweder weniger spezifisch (bildgebende Untersuchungen) oder deutlich invasiver (Biopsie).

Wir berichten über eine 50jährige Patientin mit HIV-Enzephalitis und zerebraler nekrotisierender Toxoplasmose-Infektion. Neben der pathologischen MRT-Diagnostik zeigte sich in der Liquordiagnostik eine Mischpleozytose (66 Leukozyten/ul), eine Proteinerhöhung (1474mg/l) und eine mittelschwere Schrankenfunktionsstörung (Liquor/Serum Albumin-Quotient 24,0*10–3), ohne Hinweise auf eine Kryptokkokose. Allerdings gelang die Darstellung der intrazellulären Toxoplasmose-Proliferationsformen, Tachyzoiten, direkt im Liquor. Post mortem wurde die Diagnose neuropathologisch bestätigt. In Anbetracht eines weiteren Berichtes (DeMent et al, 1987) gelang hier zum zweiten Mal der Nachweis von Tachyzoiten im lumbalen Liquor. Auch in Bezug auf ventrikulären Liquor zeigte eine Untersuchung (Brogi and Cibas, 2000) lediglich in 2 von 6090 Untersuchungen einen Nachweis von Tachyzoiten. Mit dem direkten Erreger-nachweis im Liquor besteht somit eine zusätzliche Möglichkeit zur Diagnosestellung, die allerdings aufgrund des seltenen Erregervorkommens im Liquorraum von eher limitierter klinischer Relevanz sein könnte.