psychoneuro 2005; 31(3): 122
DOI: 10.1055/s-2005-866736
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Multiple Sklerose - Makrophagen im Gehirn beeinflussen Entzündungsverlauf

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Publication Date:
04 April 2005 (online)

 

Eine Gruppe von Wissenschaftlern aus Göttingen, Zürich, Köln und Berlin konnte im Tiermodell erstmalig nachweisen, dass auch die Immunzellen im Gehirn entscheidend für den Verlauf der Krankheit Multiple Sklerose (MS) sein könnten. Bisher galten vor allem die Immunzellen des im Körper zirkulierenden Blutes als wichtig für die Entstehung der Entzündung im Hirn während der MS.

Über die Ergebnisse berichtet die Forschergruppe, an der unter anderem eine Göttinger Gruppe unter der Leitung von PD Dr. Marco Prinz, Abt. Neuropathologie des Bereichs-Humanmedizin - Universität Göttingen, beteiligt ist, in der Februarausgabe von Nature Medicine.

Bei den hirneigenen immunkompetenten Zellen handelt es sich um Fresszellen oder so genannte Makrophagen. Diese hochsensiblen "Polizisten der Immunabwehr" sind im ruhenden Zustand im Gehirn diffus verteilt und können dort jegliche Veränderungen bei verschiedensten Hirnerkrankungen erkennen. Wie diese Zellen reagieren und welche Funktion sie haben, konnte die Forschergruppe jetzt erstmalig am lebenden Organismus zeigen. Sie verwendeten dabei ein Tiermodell der MS. Bei der experimentellen autoimmunen Enzephalomyelitis (EAE) kann die Erkrankung durch die zusätzliche Gabe von Hirneiweißen hervorgerufen werden.

In Tierversuchen wurden die Fresszellen des Gehirns von den Forschern genetisch so verändert, dass es möglich wurde, sie gezielt "abzuschalten". Das Ergebnis war überraschend und eindeutig: Die Tiere erkrankten weitaus weniger und zeigten kaum Entzündungsherde. Die Forscherinnen und Forscher schließen daraus, dass die hirneigenen Immunzellen eine wesentlich größere Rolle für den Verlauf der MS haben könnten als bisher angenommen. "Damit ergeben sich neue Ansätze für die Behandlungsmöglichkeiten der Multiplen Sklerose", sagt der Göttinger Neuropathologe, Privatdozent Dr. Marco Prinz.

Da die Makrophagen auch bei anderen Hirnerkrankungen wie der Alzheimer- und der Parkinson-Erkrankung sowie allen entzündlichen ZNS-Erkrankungen vermehrt auftreten, wird es eventuell möglich sein, auch deren Rolle bei diesen Erkrankungen aufzuklären.

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