Notfall & Hausarztmedizin (Notfallmedizin) 2005; 31(1/02): 11
DOI: 10.1055/s-2005-864641
Editorial

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Scharfe Waffe gegen Diabetes mellitus

Hellmut Mehnert
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Publication Date:
24 February 2005 (online)

In diesem Heft wird das Schwerpunktthema „Diabetes mellitus: Diagnostik und Therapie” von kompetenten Autorinnen und Autoren abgehandelt. Dabei wird neben der allgemein verbindlichen Diagnose und neben der Therapie des Typ 1- und der des Typ 2-Diabetes auch die Prävention der Zuckerkrankheit berücksichtigt. Schließlich werden Präventions- und Therapiemöglichkeiten im Hinblick auf diabetische Folgeschäden aufgezeigt.

Warum ist der Diabetes mellitus so wichtig, dass er immer wieder als Schwerpunkt medizinischer Zeitschriften herausgestellt wird? Zunächst einmal ist anzumerken, dass es sich beim Diabetes mellitus um eine Volkskrankheit handelt: Sechs bis sieben Millionen Menschen in diesem Lande wissen, dass sie einen Diabetes haben, davon 95 % einen Typ 2-Diabetes und 5 % einen Typ 1-Diabetes. Wichtig ist die Feststellung, dass der Diabetes aber in ständiger Zunahme begriffen ist, wofür fünf gewichtige Gründe sprechen: Einmal werden die Menschen - also auch die Diabetiker - älter, sodass viele ihren Diabetes erleben, den sie früher nicht erlebt hätten. Zum zweiten bewirkt die Verbesserung der Diabetesbehandlung, dass Diabetiker länger leben und damit länger in der Prävalenzstatistik erscheinen. Ferner ist zu bedenken, dass der westliche Lebensstil mit Überernährung und Bewegungsarmut dazu angetan ist, ständig neue Diabetiker zu „produzieren”, leider - wie wir wissen - sogar schon im Kindesalter nicht nur als Typ 1- sondern auch als Typ 2-Diabetiker. Zum vierten muss man erwägen, dass der Diabetes eine Erbkrankheit ist, die zwar - dies gilt vor allem für den Typ 1 Diabetes - eine geringe hereditäre Penetranz aufweist, aber eben doch bewirkt, dass bei der verbesserten Betreuungsmöglichkeit für diabetische Schwangere mehr Kinder mit diabetischem Erbgut geboren werden. Der fünfte Grund scheint banal zu sein: Wie in dem Artikel über die Diagnostik aufzuzeigen sein wird, sind die diagnostischen Kriterien für die Feststellung eines manifesten Diabetes seit einigen Jahren verschärft worden, sodass schon bei geringeren Blutzuckerwerten (z.B. über 110 mg/dl Vollblut nüchtern) ein Diabetes mellitus diagnostiziert wird, während früher die Werte hierfür deutlich höher lagen.

Der Diabetes mellitus ist aber auch aus zwei weiteren Gründen wichtig. Einmal kann er, wie in dem erwähnten Artikel gezeigt wird, gut und verlässlich - und das nur anhand des Blutzuckers - diagnostiziert werden. Und zum anderen bieten die in diesem Heft zu besprechenden zahlreichen Therapiemöglichkeiten eine Fülle von Optionen mit denen über- und untergewichtige Typ 1- und Typ 2-Diabetiker, Patienten mit und ohne Gefäßschäden erfolgreich therapiert werden können. Beim Diabetes mellitus handelt es sich also um eine Volkskrankheit, die gut diagnostiziert und gut behandelt werden kann. Leider hat diese Krankheit - abhängig von der Diabetesdauer, aber auch von der Qualität der Stoffwechselführung - Gefäß- und Nervenschäden im Gefolge, für die unsere therapeutischen Möglichkeiten im engeren Sinne begrenzt sind. Auch darüber wird in diesem Heft zu sprechen sein.

Alles in allem lässt sich zusammenfassend sagen, dass wir im Kampfe gegen die diabetischen Folgeschäden, für eine bessere Lebenserwartung und bessere Lebensqualität unserer Patienten eine einzige aber wirklich scharfe und wichtige Waffe haben, nämlich die rechtzeitige und richtige Behandlung des Diabetes mellitus, eine Therapie, die die Bekämpfung von Hyperglykämie, Dyslipoproteinämie und Hypertonie einschließt.

Prof. Dr. med. Hellmut Mehnert

München

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