Klin Monbl Augenheilkd 2005; 222 - V84
DOI: 10.1055/s-2005-863899

Evidenzbasierte Betrachtungen zu so genannten akkommodativen Linsen

H Schneider 1
  • 1Rostock

Der Begriff der evidenzbasierten Medizin begegnet uns auch im klinischen Alltag zunehmend. Per definitionem ist die „evidence based medicine“ eine Bewertungsmethodik, die den gewissenhaften, ausdrücklichen und vernünftigen Gebrauch der besten verfügbaren externen Evidenz für medizinische Entscheidungen im Rahmen der Patientenversorgung beinhaltet. Ausgangspunkt für evidenzbasierte Betrachtungen ist die Fülle an Neuentwicklungen und Veröffentlichungen, welche einer Beurteilung von Wirksamkeit, Nutzen und bedürfen.

Die so genannten akkommodativen Intraokularlinsen beruhen auf dem „axial shift“-Prinzip. Voraussetzung ist, dass eine ausreichende Lageveränderung entsprechend der Theorie stattfindet, objektiv messbar als Vorderkammertiefenänderung sowie Refraktionsänderung. Nach eigenen Erfahrungen zeigen dann die so genannten akkommodativen Intraokularlinsen einen nur unbefriedigenden Akkommodationserfolg und keine statistisch zu sichernden Unterschiede gegenüber Vergleichslinsen mit konventionellem Design. Alle Betrachtungen, die nicht die Linsenverlagerung als Bewertungskriterium nutzen, erlauben keine Aussage über die Wirksamkeit des Axial-Shift-Prinzips.

Weiterhin stehen die von einigen Arbeitsgruppen publizierten Komplikationen nach Implantation einiger dieser Linsen bei ungelöstem Nachstarproblem (Haptikabknickungen und Verkippungen der Optik) in keinem Verhältnis zu den nur geringen oder fehlenden Akkommodationserfolgen.

Wenn Evidenz einer Therapie bedeutet, dass ein Therapieerfolg nicht zufällig auftritt, sondern in kausalem Zusammenhang zur durchgeführten Intervention steht und außerdem der Patient, das angestrebte Ziel und alternative Behandlungsmöglichkeiten in die Betrachtung einbezogen werden, fehlt bisher die Evidenz der Wirksamkeit des „axial shift“-Prinzips.