Klin Monbl Augenheilkd 2005; 222(5): 389
DOI: 10.1055/s-2005-858341
Editorial

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Intravitreale Injektionen - Hoher Injektionsstandard notwendig

Intravitreal Injections - High Standard of the Procedure NecessaryG. B. Jaissle1 , K. U. Bartz-Schmidt1
  • 1Abt. I, Universitäts-Augenklinik Tübingen
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Publication Date:
23 May 2005 (online)

Intravitreale (IVT) Injektionen werden in der Augenheilkunde bereits seit mehr als 100 Jahren durchgeführt, zunächst mit Glaskörper, Kammerwasser, Kochsalzlösung oder sogar Jodtinktur. Wenig später wurde erstmals auch Luft injiziert, wodurch die zuvor unbefriedigende Therapie der Netzhautablösung revolutioniert wurde. Bis heute findet die IVT Injektion von Luft oder inerten expansiblen Gasen zur pneumatischen Retinopexie bei rhegmatogener Ablatio Anwendung. Die Injektion von Gas, meist kombiniert mit „rekombinantem Tissue-Plasminogen-Activator” (rTPA), hat sich auch zur Verlagerung frischer submakulärer Blutungen als wirkungsvoll erwiesen. IVT appliziertes Healon findet bei der Behandlung der chronischen Hypotonie Anwendung.

Die Besonderheit der IVT Injektion von Medikamenten besteht darin, dass lokal hohe Wirkstoffspiegel erzielt werden, ohne wesentliche systemische Nebenwirkungen hervorzurufen. Anwendung findet dies bei der Therapie der Zytomegalievirusretinitis (Ganciclovir, Cidofovir, Foscarnet, Fomivirsen) oder bei der Behandlung des intraokulären Lymphoms (Methotrexat). In der Behandlung der Endophthalmitis konkurriert die alleinige IVT Injektion von Antibiotika mit dem Ansatz aus primärer Vitrektomie und kombinierter IVT Medikamenten-Instillation.

In den letzten Jahren kam es in der klinischen Routine zu einer beeindruckenden Zunahme der IVT Injektion, da sich die Applikation des kristallinen Depotkortikosteroids Triamcinolon in den Glaskörperraum in der Therapie ödematöser, exsudativer und proliferativer Erkrankungen etablierte.

Besondere Aktualität gewinnt die IVT Injektion auch durch eine steigende Zahl potenzieller oder sich bereits in klinischen Studien befindlicher antiangiogenetischer oder antiödematöser, IVT applizierbarer Wirkstoffe zur Therapie der feuchten altersabhängigen Makuladegeneration wie dem Anti-VEGF-Aptamer Pegaptanib-Natrium (Macugen™), dem monoklonalen Anti-VEGF-Antikörperfragment Ranibizumab (Lucentis™), einem in einer Polymermatrix eingekoppelten Dexamethason (Posurdex™) oder dem replikationsunfähigen Adenovirus-Vektor für den humanen „Pigment epithelium-derived factor” ADPEDF.

Schwerwiegende Komplikationen der IVT Injektion wie Netzhautablösung, Glaskörperblutung oder infektiöse Endophthalmitis sind meist auf Varianten der Injektionstechnik selbst zurückzuführen. Daher sind einheitliche, wirkungsvolle Strategien zur Minimierung der Komplikationsrate notwendig, insbesondere da es sich häufig um elektive Eingriffe handelt, oft wiederholte Injektionen notwendig sind oder eine „Off-Label”-Anwendung vorliegt. Es sind jedoch eindrückliche Unterschiede der Komplikationsrate innerhalb verschiedener Zentren publiziert mit einer Endophthalmitisrate von bis zu 0,87 %, die damit die Endophthalmitisrate anderer intraokulärer Eingriffe wesentlich übersteigt. Eine tatsächliche Abhängigkeit vom angewandten Hygienestandard bei der Injektion belegte eine Reduktion der Endophthalmitisrate von 0,18 auf 0,03 % durch Verbesserungen des Injektionsprotokolls bei einer Multizenterstudie (Macugen, FDA.com). Dies verdeutlicht, dass auch bei diesem minimalinvasiven Eingriff ein hoher Qualitätsstandard gefordert werden muss.

Die Empfehlung für die Durchführung von IVT Injektionen der Retinologischen Gesellschaft, der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG) und des Berufsverbands der Augenärzte Deutschland (BVA) in dieser Ausgabe der Klinischen Monatsblätter für Augenheilkunde sollen daher zur Sicherstellung eines hohen und einheitlichen Standards auch bei diesen kurzen intraokulären Eingriffen beitragen, um diesen zukunftsweisenden therapeutischen Ansatz weiter zu stärken.

Prof. Dr. K. U. Bartz-Schmidt

Universitäts-Augenklinik Tübingen, Abt. I

Schleichstr. 12

72076 Tübingen

Email: Karl-Ulrich.Bartz-Schmidt@med.uni-tuebingen.de

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