Klin Monbl Augenheilkd 2004; 221 - V35
DOI: 10.1055/s-2004-835204

Vertikale Kestenbaum-Operation bei dorsalem Mittelhirnsyndrom

R Meiller 1, D Klaas 1, GC Gusek-Schneider 1
  • 1Augenklinik mit Poliklinik der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

Zielsetzung: Das dorsale Mittelhirnsyndrom (Parinaud-Syndrom) geht mit einer konjugierten vertikalen Blickparese einher. Ursache hierfür ist eine bilaterale Läsion des vertikalen Blickzentrums im Mittelhirn durch raumfordernde, vaskuläre oder neurodegenerative Prozesse. Diese Kasuistik soll die vertikale Kestenbaum-Operation als ein Verfahren zur funktionellen Verbesserung des schwerwiegend gestörten Aufblicks bei dorsalem Mittelhirnsyndrom darzustellen.

Patienten und Methoden: 31-jähriger Patient mit seit 1990 bestehendem Parinaud-Syndrom infolge eines akuten Hydrozephalus bei Aquäduktstenose. Präoperativ wurden als typische Leitbefunde eine konjugierte Blickparalyse des Aufblicks mit störender kompensatorischer Kopfzwangshaltung (Kinnhebung um 20–25°), eine geringgradige Parese des Abblicks, ein Konvergenz-Retraktionsnystagmus sowie eine Licht-Nah-Dissoziation beider Pupillen erhoben. Im binokularen Fusionsblickfeld bestand in Primärposition bereits oberhalb 0° Doppelbildwahrnehmung. Um eine zumindest teilweise Korrektur des völlig aufgehobenen Aufblicks zu erreichen, erfolgte eine vertikale Kestenbaum-Operation (Beidseits Rücklagerung des M. rectus inferior um 5,0mm kombiniert mit Verkürzung des M. rectus superior um 6,0mm. Vollnarkose).

Ergebnisse: Im intra- und postoperativen Verlauf wurden keine Komplikationen beobachtet. Es kam zu einer Vergrößerung des Areales mit binokularem Einfachsehen in Primärposition von 0° auf 10° oberhalb der Mittellinie. Der Patient nahm nur noch teilweise eine Kopfzwangshaltung mit nun deutlich verminderter Reklination von 10° ein. Trotz der durchgeführten Rücklagerung der Mm. recti inferiores fand sich postoperativ keine wesentliche Beeinträchtigung des Abblickes.

Schlussfolgerungen: Bei dorsalem Mittelhirnsyndrom mit vertikaler Blickparese und gravierend gestörtem Aufblick kann durch eine vertikale Kestenbaum-Operation die Vergrößerung des Blickfeldes binokularen Einfachsehens mit deutlicher Besserung einer störenden, kompensatorischen Kopfzwangshaltung erreicht werden.