RSS-Feed abonnieren
DOI: 10.1055/s-2004-835193
Retinale Traumatologie
Hintergrund: Die Prognose schwerer Augenverletzungen (Kontusiones mit Netzhautzerreissungen, gedeckte und offene Bulbusrupturen, penetrierende und perforierende Verletzungen) hat sich in den vergangenen 20 Jahren mit Einführung mikrochirurgischer Bulbusrekonstruktionstechniken wesentlich verbessert.
Ziel war es, klinisches Bild und funktionelle und anatomische Ergebnisse nach operativer Versorgung zu analysieren.
Material und Methode: Die Studie umfasste 438 Patienten, die konsekutiv an einer Kontusio mit Netzhautzerreissungen (n=84), Bulbusruptur (n=62), perforierenden oder penetrierenden Augenverletzung mit Retinabeteiligung durch einen intraokulären Fremdkörper (n=286) von 1990 bis 2003 operiert worden waren. Dies waren 37% von insgesamt 1172 Patienten, bei denen im gleichen Zeitraum an der Universitäts-Augenklinik Erlangen-Nürnberg eine perforierende Augenverletzung versorgt worden war. Das operative Vorgehen umfasste eine ein- bzw mehrzeitige Rekonstruktion der vorderen und hinteren Augenabschnitte und eine Endotamponade mit einem Luft-Gas-Gemisch oder mit Silikonöl (5000 cst).
Ergebnisse: Die Anzahl der operativen Eingriffe bewegte sich bei der Versorgung von Kontusiones und Bulbusrupturen bei 3– maximal 7 und bei perforierenden und penetrierenden Verletzungen mit intraokularen Fremdkörpern bei 2–3.
Metallische Fremdkörper fanden sich in 228 Augen (davon 22 amagnetische Metalllegierungen durch Granatsplitter), Glasfremdkörper in 26 Augen, Steinpartikel in 18 Augen und Holzfremdkörper in 14 Augen. Von den insgesamt 228 verletzten Augen waren 224 (78%) Männer (8 Patienten jünger als 16 Jahre) und 62 (22%) Frauen. Das Durchschnittsalter betrug 31,4 (14–62) Jahre. 162 (57%) Augenverletzungen ereigneten sich in der Freizeit, 124 (43%) am Arbeitsplatz. Die Fremdkörpereintritt erfolgte bei 168 Augen (59%) durch eine Hornhaut-Iris-Linsen-Verletzung und bei 118 Augen (41%) transskleral. Ein Hämophthalmus lag in 22 Augen (8%), eine Glaskörperhämorrhagie in 108 Augen (38%) vor. Eine primäre Entfernung einer traumatischen Katarakt wurde 34-mal, das Absetzen und Readaptation eines geraden Augenmuskels 46-mal (16%) erforderlich. Die Fremdkörperaufschlagstelle befand sich bei 124 Augen im zentralen Fundusbereich und bei 162 Augen außerhalb des temporalen Gefäßbögen; 34 Augen zeigten eine Doppelperforation. Eine Amotio retinae war in 104 Augen zu verzeichnen. 10 Augen wiesen eine Siderosis bulbi nach Granatsplittereinwirkung und 16 Augen eine Endophthalmitis nach Holz- und Steinfremdkörper auf. Der postoperative Visus war abhängig von der Lokalisation der Fremdkörperaufschlagstelle und betrug durchschnittlich 0,4 und maximal 1,0.
Schlussfolgerung: Das visuelle Ergebnis nach rupturierten, penetrierenden oder perforierenden Augenverletzungen durch intraokuläre Fremdkörper hängt von der Lokalisation des retinalen Defektes und der Fremdkörpereintrittsstelle ab. Eine Endotamponade und eine Endolaserkoagulation ist bei Rupturen mit Netzhautrissen obligat, bei anliegenden Retinadefekträndern nach Fremdkörperextraktion nicht unbedingt erforderlich. Dies gilt insbesondere für erhitzte metallische Fremdkörper bei Hammer-Meißel-Verletzungen. Eine primäre sofortige Maximalversorgung mit Hinterkammerlinsenimplantation zeigt keine schlechteren Ergebnisse als ein mehrzeitiges Vorgehen. Bei nicht peripherer Lage des retinalen Defektes ist eine Cerclage nach Operationsende nicht unbedingt erforderlich.