Aktuelle Neurologie 2004; 31 - P575
DOI: 10.1055/s-2004-833438

Spontan remittierender Verlauf einer GM1- und GM2-Antikörper-assoziierten Neuropathie mit asymmetrischer Manifestation – ein Beispiel für die Heterogenität autoimmuner Neuropathien

C Walter 1, V Kuhl 1, A Lindner 1
  • 1(Stuttgart)

Chronisch autoimmune Neuropathien stellen eine klinisch heterogene Gruppe dar, deren Gemeinsamkeit die sehr wahrscheinlich immunvermittelte entzündliche Genese ist. Die diagnostische Zuordnung kann bei multifokalen und asymmetrischen Formen erschwert sein. Eine genaue Einteilung ist allerdings vor dem Hintergrund unterschiedlich wirksamer Therapieoptionen bei den einzelnen Unterformen entscheidend. Die Assoziation einer Erhöhung von GM1- sowie GM2-Autoantikörpern wurde bei autoimmunen axonalen und demyelinisierenden Neuropathien beschrieben. Wir berichten über eine Patientin mit einer GM1- und GM2-Antikörper-assoziierten schubförmigen Neuropathie mit spontanen Remissionen.

2003 entwickelten sich bei einer 36-jährigen Patientin über Monate schmerzhafte asymmetrische Kribbelparästhesien und muskelkaterartige Schmerzen beider Unterarme sowie eine Hypästhesie der Finger IV und V und der Dorsalseite der Hände. 1995 sowie 2002 waren spontan regrediente Hyp- und Dysästhesien der Finger I bis III aufgetreten, 2002 zudem eine passagere schmerzlose Fußheberparese rechts. Die Familienanamnese war bezüglich neurologischer Erkrankungen leer.

Klinisch-neurologisch fanden sich diskrete Paresen der Hand- und Fingerstrecker rechtsseitig (5-/5), ein schwacher bis mittellebhafter Reflexstatus sowie die beschriebenen Hypästhesien. 1995 und 2002 zeigte sich während der Krankheitsaktivität ein Anstieg der GM1-Antikörper, 2003 waren die GM1-Antikörper negativ bei allerdings positiven GM2-IgM-Antikörpern. Elektroneurographisch ergab sich 1995 und 2002 der Befund einer überwiegend demyelinisierenden sensomotorischen Neuropathie, während 2003 überwiegend axonale Läsionen ohne Leitungsblöcke nachweisbar waren. Im Verlauf kam es zu einer spontanen Rückbildung der neurologischen Symptome, die schmerzhaften Parästhesien sprachen gut auf Gabapentin an.

Wir werteten die rezidivierende neurologische Symptomatik zusammenfassend als schubförmig remittierende autoimmune GM1- und GM2-Antikörper-assoziierte Neuropathie. Differentialdiagnostisch kommen ein Lewis Sumner Syndrom (MADSAM), eine multifokale motorische Neuropathie sowie eine Mononeuropathia multiplex infrage. Die Kasuistik demonstriert eindrucksvoll den intraindividuell variablen Verlauf (bezüglich Klinik, Elektrophysiologie und Antikörperprofil) einer autoimmunen Neuropathie mit spontanen Remissionen.