Aktuelle Neurologie 2004; 31 - P383
DOI: 10.1055/s-2004-833245

Transiente neurologische Defizite als Initialsyndrom eines akuten subduralen Hämatoms – seltene Differenzialdiagnose transienter ischämischer Attacken

R Kraus 1, K Pfadenhauer 1
  • 1(Augsburg)

Transiente neurologische Defizite (TND) treten in der Regel im Rahmen passagerer zerebraler Durchblutungsstörungen in Form transienter ischämischer Attacken (TIA) auf. Andere Ursachen wie z.B. epileptische Anfälle, paroxysmale Symptome bei Multipler Sklerose, Hirntumoren oder Enzephalopathien sind selten. Das Auftreten TND als Hinweis auf ein akutes spontanes subdurales Hämatom (SDH) ist wenig bekannt, so dass in diesen Fällen die Dringlichkeit einer sofortigen Bildgebung häufig verkannt wird.

Bei dem 76-jährigen Rentner treten seit sechs Stunden plötzlich beginnende, minutenanhaltende Episoden mit Artikulationsstörungen und Dysarthrophonie auf, die sich mit zunehmender Frequenz stereotyp wiederholen. Epilepsieverdächtige Anfallsmuster sind nicht eruierbar. Angesichts der kompletten Remission der Defizite und einer absoluten Arrhythmie bei Vorhofflimmern erfolgt die Einweisung unter dem Verdacht auf kardial embolisch bedingte linkszerebrale TIA. Während der Erstuntersuchung tritt eine mehrminutige motorische Aphasie, fazialbetonte Hemiparese und Hypästhesie rechts auf. 20 Minuten nach Aufnahme werden zwei einfach fokale Anfälle mit Kloni der rechten Gesichtshälfte und speech arrest beobachtet. Kurz darauf verschlechtert sich der Zustand des Patienten im Sinne einer akuten Hirndrucksymptomatik dramatisch. Das CCT zeigt ein spontan (bei einem Quick von 19%) aufgetretendes großes linkshemispherielles akutes subdurales Hämatom mit Mittellinienverlagerung um 1,5cm nach rechts sowie subfalxialer und transtentorieller Einklemmung. Trotz sofortiger frontotemporoparietaler Kraniotomie bleibt der Patient aphasisch und hemiplegisch.

TND als Initialsymptome eines spontanen subduralen Hämatoms sind seltene Differenzialdiagnosen zu TIA. Aufgrund des anfänglich komplett remittierenden Verlaufes wurde die akute Bedrohung durch eine raumfordernde Blutung initial verkannt. Eine Literaturübersicht über 41 Patienten und die Erfahrung eigener 4 Patienten mit TND in Folge eines SDH zeigen jedoch, dass auch die initialen Beschwerden des Patienten (stereotype Episoden mit expressiver Aphasie und fazialbetontem, sensomotorischen Defizit) charakteristisch für TND in Folge eines SDH sind und dass das Auftreten einfach fokaler Anfälle für eine zunehmende Raumforderung der Blutung spricht. Wesentliche Unterscheidungskriterien zur Differenzierung zwischen TND in Folge eines SDH und TIA sind der stereotype Ablauf und die hohe Frequenz bei kurzer Dauer der einzelnen Episoden bei SDH.