Aktuelle Dermatologie 2004; 30 - P25
DOI: 10.1055/s-2004-832554

Zur Therapie fortgeschrittener kutaner Angiosarkoma (AS) der Kopf- und Gesichtshaut – Quo vadis?

A Konstantinow 1, R Hein 1
  • 1Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie am Biederstein, Technische Universität München

Kutane AS sind sehr seltene, hochgradig maligne, aggressive, Gefäßtumoren mit oft ausgeprägter subklinischer Ausbreitung, die regelmäßig zu schwer beherrschbaren Lokalrezidiven und Metastasierung führt. Im Rahmen der bis vor kurzem üblichen Therapie (Exzision und postoperative Strahlentherapie) beträgt die 5-J.-Überlebensrate lediglich 10–35% (mediane Überlebenszeit 16–36 Monate). In den letzten Jahren wurde, meist anhand von kasuistischen Mitteilungen, über diverse Therapiekombinationen berichtet, die bei Patienten mit fortgeschrittenen, z.T. metastasierten AS jeweils zu einer zumindest partiellen, wenn auch temporären Remission gefürt haben. Es werden 2 Patientinnen mit fortgeschrittenen AS der Kopf- und Gesichtshaut vorgestellt, die in unterschiedlichen Erkrankungsstadien systemisch mit alpha-Interferon, liposomal verkapseltem (l.v.) Doxorubicin, Paclitaxel sowie Rofecoxib behandelt wurden. Pat.1 (54J, w): 9/1997 Erstdiagnose eines AS der Kopfhaut mit Satellitenmetastasen (T2N0M0). Primärtherapie: großflächige Exzision, postoperativ lokal RTX (GD: 60 Gy), 6 Monate später klinisch Lokalrezidiv, nachfolgend erneut großfl. Exz. und lokal RTX (GD: 60 Gy). 11/1998–7/2001 systemische Applikation von alpha-Interferon (3×3 Mio IE s.c./Wo), darunter klinisch rezidivfrei. 1/2002 (ca. 6 Monate nach Absetzen des Interferons) klinisch Lokalrezidiv links okzipital mit rascher Ausbreitung auf die linke Kopf-, Hals- und Schlüsselbeinregion. 6/2002 bis 8/2003 systemische Chemotherapie mit l.v. Doxorubicin (20mg/m2) in 2–3 wöchentlichen Abständen (insgesamt 19 Zyklen) sowie Rofecoxib (2×25mg/d). Es kam zu einer vollständigen klinischen Rückbildung des Tumors okzipital, am Hals sowie klavikulär, während im Bereich der linken Wange eine ödematöse Schwellung mit diffus verteilten AS-Zellen bestehen blieb (partielle Remission). Ab dem 8/2003 wurde eine merkliche Tumorprogression im Bereich der linken Wange festgestellt. 10/2003 bis 6/2004 Chemoimmuntherapie mit Paclitaxel (175mg/m2 i.v. in 3-wöchentlichen Abständen, bisher 10 Zyklen) und alpha-Interferon (4,5 Mio IE s.c. 3×/Wo), sowie Rofecoxib (2×25mg/d), darunter merkliche partielle Remission der Tumorausbreitung im Gesicht und unveränderter klinischer Befund seit nunmehr 4 Monaten. Pat.2 (60J, w): 5/2004 kutanes AS der rechten Gesichtshälfte, Durchmesser >10cm (T2N0M0). Systemische Chemoimmuntherapie mit l.v. Doxorubicin (20mg/m2, in 2–3-wöchentl. Abständen) und alpha-Interferon (3×4,5 Mio IE s.c./Wo), sowie Rofecoxib (2×25mg/d), darunter klinisch deutliche partielle Remission innerhalb von 8 Wochen. Kommentar: Die 5-J.-Überlebensrate von Patienten mit einem AS ab dem Stadium T2 (Tumordurchmesser über 10cm) beträgt unter konventioneller Therapie weniger als 5%. Unsere Erfahrung mit der Pat. Nr. 1 (klinisch mehrjährige Rezidivfreiheit unter alpha-Interferon, partielle Remission unter l.v. Doxorubicin bzw. Paclitaxel, sowie Rofecoxib (Kombinationstherapie) konnten die bisher publizierten Kasuistiken hinsichtlich einer Verlängerung der Gesamtüberlebenszeit tendenziell bestätigen. Die bisher bekannten Therapiekonzepte stellen allerdings (noch) keinen entscheidenden Durchbruch in der Behandlung des fortgeschrittenen AS dar.