Aktuelle Dermatologie 2004; 30 - P21
DOI: 10.1055/s-2004-832550

Talgdrüsentumoren als Markerläsionen des Muir-Torre-Syndroms

U Henke 1, F Ziper 1, M Wolter 1, R Kaufmann 1, K Spieth 1
  • 1Zentrum der Dermatologie und Venerologie, Klinikum der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main

Das Muir-Torre-Syndrom (MTS) ist eine seltene Genodermatose, die durch das Auftreten von benignen und malignen sebozytären Neubildungen und häufig multiplen viszeralen Malignomen gekennzeichnet ist. Neben dem Talgdrüsenadenom stellen das Talgdrüsenkarzinom, das Talgdrüsenepitheliom (Sebazeom) und das Basaliom mit Talgdrüsendifferenzierung charakteristische Hautveränderungen dar. Bei den viszeralen Malignomen handelt es sich meistens um Karzinome des Gastrointestinaltrakts, dabei in erster Linie um kolorektale Tumore, am zweithäufigsten sind Neoplasien des Urogenitaltrakts. Wir berichten über eine 59jährige Patientin, die sich unter der Verdachtsdiagnose eines Atheroms mit einem ca. 3×3cm großen, subkutanen Knoten nuchal bei uns vorstellte. Die histologische Aufarbeitung des Exzidates ergab die Diagnose eines Talgdrüsenkarzinoms, der Tumor wurde mikrographisch kontrolliert in mehreren Sitzungen operativ entfernt. Weiterhin fanden sich insbesondere am Rumpf neben multiplen seborrhoischen Keratosen zahlreiche Talgdrüsenadenome. Die Patientin war vor Jahren an einem kolorektalen Karzinom sowie an einem Ureterkarzinom erkrankt, welche beide chirurgisch behandelt worden waren. Mehrere Familienangehörige waren ebenfalls von Malignomen betroffen. Bei dem MTS handelt es sich um eine autosomal-dominante Erkrankung mit variabler Penetranz und unterschiedlichem Phänotyp. Es ist mit Mutationen des Mismatch-Repair Gens hMSH2 assoziiert und gilt als Variante des HNPCC („hereditary nonpolyposis colorectal cancer“), bei dem ebenfalls intestinale Karzinome in Assoziation mit Neoplasien in anderen Organen auftreten können. Hauttumoren mit Talgdrüsendifferenzierung gelten als Markerläsionen des MTS. Um eine Früherkennung von Malignomen zu gewährleisten, ist bei Patienten mit MTS eine sorgfältige dermatologische und internistisch-onkologische Betreuung ratsam, eventuell betroffene Familienmitglieder sollten identifiziert werden.