Endoskopie heute 2004; 17 - P31
DOI: 10.1055/s-2004-820683

Eosinophile Ösophagitis: Eine klinisch wie endoskopisch unterschätzte Krankheitsentität?

SC Bischoff 1, M Momma 1, F Puls 1, M Krüger 1, A Schneider 1, MP Manns 1, PN Meier 1
  • 1Gastroenterologie, Hepatologie & Endokrinologie, Medizinische Hochschule Hannover

Bei Kindern sind 1/3 der Fälle mit vermeintlicher Refluxerkrankung durch Nahrungsmittelallergie verursacht, durch Säureblockade ohne Besserung, aber mittels Eliminationsdiät behandelbar. In anderen Fällen, in denen Säureblockade ebenfalls versagt, aber keine Allergie nachweisbar ist, zeigt die Histologie eine dichte Infiltration des Ösophagus mit eosinophilen Granulozyten. Beide Krankheitsbilder, „Allergische Ösophagitis“ mit fakultativer Gewebseosinophilie und „Idiopatische eosinophile Ösophagitis“, sind in der Pädiatrie seit Kurzem etabliert, im Erwachsenalter bislang kaum beschrieben. Hier präsentieren wir einen Fall von eosinophiler Ösophagitis bei einem 16jährigen Mann, der sich wegen unklarer Dysphagie seit frühester Kindheit und retrosternaler Schmerzen vorstellte. Ein Ösophagusbreischluck und eine Gastroskopie zeigten eine Passagestörung bei 25cm, die als entzündliche Striktur interpretiert wurde. Eine Therapie mit PPI erbrachte keine Besserung. Allergien waren nicht bekannt. Die erste bei uns durchgeführte Gastroskopie zeigte ein zu chronischer Refluxösphagitis passendes Bild mit konzentrischen narbigen und längsstreifigen ulzerativen Veränderungen über dem gesamten Ösophagus mit eindrücklichen Schleimhautdefekten. Differentialdiagnostisch wurden Lichen, Verätzung und Infektion vermutet. Die Biopsien aus dem distalen Ösophagus zeigten eosinophile Entzündung. Nach einer Woche unter PPI zeigte sich keine Befundbesserung, stattdessen erneut ausgeprägte Eosinophilie (22/HPF, normal <5/HPF). Trotz negativer Anamnese wurde eine Allergiediagnostik initiert, die multiple Sensibilisierungen auf Gräser, Milben und Nahrungsmittel erbrachte bei normalem Blutbild, normalem Gesamt-IgE und deutlich erhöhtem Serum-EPX, einem Eosinophilenaktivitätsmarker. Daraufhin wurde die PPI-Terapie abgesetzt und stattdessen zu Allergenkarenz instruiert. Nach 10 Wochen waren die Schleimhautdefekte leicht rückläufig bei unveränderter Eosinophilie, welche im proximalen Ösophagus zunahm (50/HPF) und im Magen nicht nachweisbar war. Die Therapie wurde um Prednisolon erweitert, was zu einer raschen Besserung führte. Der Fall zeigt die Relevanz der Abgrenzung zwischen klassischem Refluxleiden und eosinophiler Ösophagitis, weil vollkommen verschiedene Therapien benötigt werden. Eine Immunotherapie vor der Pollensaison muss hier erwogen werden.