Endoskopie heute 2004; 17 - P9
DOI: 10.1055/s-2004-820661

Nudeln im Kolon

A Hoffman 1, M Jung 1
  • 1Klinik für Innere Medizin und Gastroenterologie, St. Hildegardiskrankenhaus Mainz

Anamnese:

90-jährige Pat. mit seit Monaten festgestelltem Leistungsabfall und hypochromer mikrozytärer Anämie, ohne wesentliche weitere Vorerkrankungen.

Diagnostik:

Die radiologische u. sonographische Diagnostik zeigte altersentsprechende Normalbefunde. In der Oesophagogastroskopie sah man eine axiale Hiatushernie, in der nachfolgenden Koloskopie (Videosequenz) sah man am Coecalpol weiße bandförmige Strukturen, Nudeln nicht unähnlich.

Es stellte sich nun die Frage an den Endoskopiker, ob er hier streifige Ulcera mit Fibrinbelag, einen Bandwurmbefall oder doch eine erhebliche Restverschmutzung durch Nudeln im Kolon sah?

(Eine erneute Videosequenz zeigt das Fassen der bandförmigen Strukturen mit der Zange und die Bergung des Kopfteils einer Taenia saginata mit gut erhaltenem und deutlich sichtbarem Haftapparat.)

Allgemeines:

Taenia saginata gehören zu den Cestoden, Parasiten die in geschlechtsreifer Form den Darmkanal bewohnen. Die Taenia saginata gliedert sich in einen Kopfteil mit Halteapparat, Halsregion und Proglottiden mit zwittrigen Geschlechtsapparat.

Die Zahl der weltweit infizierten Menschen wird auf 40–60 Millionen geschätzt, 0,3–6% der europäischen Schlachtrinder sind noch heute mit Finnen infiziert. [RKI 2002] Dabei beinhalten Rinder Finnen als Zwischenwirte und Menschen stellen im Entwicklungszyklus der Taenia saginata den Endwirt dar. (Genaue Darstellung des Entwicklungszyklus der Teania saginata anhand eines Schaubildes.)

Die Symptome beim Menschen sind sehr unspezifisch mit Pruritus ani, unklaren Bauchschmerzen oder Inappetenz.

25% der Infektionen verlaufen symptomlos, eine Eosinophilie ist selten.

Die Diagnose erfolgt durch Nachweis von Eiern oder Proglottiden im Stuhl bzw. wie im dargestellten Fall direkt durch die Endoskopie.

Die Therapie erfolgt mit Antihelmetika (Niclosamid, Mebendazol, Praziquantel).

Im Gegensatz zum Entwicklungszyklus von Taenia saginata stellt im Entwicklungszyklus von Taenia solium der Mensch auch einen Zwischenwirt dar mit der Möglichkeit der endogenen Infektion und der darausfolgenden Gefahr des multiplen Organbefalls (Auge, ZNS, Fremdkörperreaktionen → Zysterzikose!).

(Darstellung anhand eines Schaubildes des Entwicklungszyklus von Taenia solium und Hervorhebung des Unterschiedes im Zyklus zur Taenia saginata.)