Endoskopie heute 2004; 17 - V18
DOI: 10.1055/s-2004-820603

Perforation nach Papillotomie – Lehren anhand juristischer Konsequenzen an 2 Fallbeispielen

C Müller 1, G Adam 1
  • 1Chirurgische Endoskopie, Klinik für Allgemeine und Viszerale Chirurgie der Friedrich-Schiller-Universität Jena
  • *Sektion Endoskopie der Chirurgischen Universitätsklinik Mannheim

Einleitung: Die interventionelle ERCP mit EPT weist ein Perforationsrisiko um 1% und davon wiederrum eine Mortalität von knapp 1/5 der Fälle auf. Anhand von 2 Fallbeispielen möchten wir zeigen, dass bei unzweifelhafter Indikation der Choledocholithiasis trotz umfangreicher Aufklärung nach Eintreten einer Perforation Anklage erhoben bzw. die Schlichtungsstelle für Arzthaftpflichtfragen eingeschaltet wurde.

Sachverhalt: Gefordert wurden insbesondere Schmerzensgeld und monatliche Aufwandsentschädigungen, da in beiden Fällen Behandlungsfehler unterstellt worden sind. Begründet wurde dies durch die Kläger im ersten Fall (mit letalem Ausgang) v.a. durch den zu langen Zeitraum von 30h zwischen sofort nach Beendigung der ERCP diagnostizierter Perforation und der Laparotomie.

Ergebnisse: Das Gericht wies diese Klage nach Vorliegen zweier Gutachten ab, hat aber ein Schmerzensgeld von 30000 Euro verfügt mit der Begründung, dass der Untersucher einen „fehlerhaften Schnitt“ ausgeführt habe, der auf Fahrlässigkeit beruhe. Erklärbar ist diese Entscheidung mit der Tatsache, dass durch die gerichtsmedizinische Obduktion eine Papillotomie des Pancreasganges, und nicht wie angestrebt des D. choledochus, aufgefunden wurde. Im zweiten Fall hat die Schlichtungsstelle die Schadensersatzansprüche für unbegründet erachtet, da die Perforation zu den Komplikationsrisiken der Papillotomie zähle und ärztlicherseits sach- und fachgerecht ausgeführt wurde. Auch die Notfalloperation sei nach den Regeln der ärztlichen Kunst erfolgt, leider mit komplikativem postoperativem Verlauf und der Folge einer persistierenden Duodenalstenose. Da die Patientin den Aufklärungsbogen zur ERCP unterschrieben hatte, wurde von einer erfolgten Aufklärung, für die es Zeuge gibt, ausgegangen.

Diskussion und Folgerungen: Anhand der Entscheidungen kann man zumindest raten nach sorgfältiger Indikation den Patienten vor der endoskopischen Intervention rechtzeitig, möglichst prästationär, aufzuklären. Weitere Entscheidungen nach der realisierten Komplikation sollten im Konsil gefällt werden. Dies alles ist ausreichend zu dokumentieren.

Bleibt die provokative Frage, ob man sich trotz korrekter Aufklärung vor derartiger Verurteilung wie im ersten Fall schützen kann, wenn es sich um ein bekanntes und aufgeklärtes Risiko handelt!