Aktuelle Neurologie 2004; 31(2): 73-78
DOI: 10.1055/s-2003-814849
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© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Neuropsychologie in der Epileptologie

Neuropsychology in EpileptologyM.  Schacher1 , H.  Jokeit1
  • 1Schweizerisches Epilepsie-Zentrum, Institut für neuropsychologische Diagnostik und Bildgebung
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Publication Date:
09 March 2004 (online)

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Zusammenfassung

Mit längeren beruflichen Ausbildungszeiten, komplexeren Anforderungen im Beruf, einer höheren Lebenserwartung und gestiegenen Erwartungen an die Lebensqualität bekommen Fragen der kognitiven Leistungsfähigkeit immer öfter eine zentrale Bedeutung in der Behandlung neurologischer Patienten. Bei Epilepsien sind kognitive Beeinträchtigungen nicht obligat, aber häufig. In Abhängigkeit von der zugrunde liegenden Hirnfunktionsstörung können individuelle Beeinträchtigungen verschiedenster Qualität und Schwere vorkommen. Darüber hinaus sind die kognitiven Leistungen bei Epilepsiepatienten von vielen Faktoren abhängig (z. B. Lokalisation und Ausbreitung epileptischer Aktivität, Erkrankungsbeginn, Dauer und Schwere der Epilepsie, Medikation, individuelle Ressourcen), die zudem interagieren. Aufgabe der Neuropsychologie innerhalb der Epileptologie ist es, den Status kognitiver Funktionen zu erheben, prozesshafte Veränderungen festzustellen und den Einfluss der Therapie auf bestimmte Funktionen zu überprüfen. Damit leistet die Neuropsychologie einen Beitrag zur Qualitätskontrolle und Qualitätssicherung bei der Epilepsiebehandlung, zur handlungsorientierten Krankheitsbewältigung (z. B. Erarbeitung von Kompensationsstrategien, Ausschöpfung vorhandener kognitiver Ressourcen) und zur beruflichen Integration der Patienten. Übergeordnetes Ziel ist, die Lebensqualität zu erhalten und zu verbessern. Die subjektive Einschätzung der kognitiven Leistungsfähigkeit muss nicht den tatsächlichen Gegebenheiten entsprechen, weshalb bei einem Verdacht auf kognitive Beeinträchtigungen eine fundierte neuropsychologische Abklärung sinnvoll ist. Dies ist insbesondere dann gefordert, wenn an den Patienten im sozialen Umfeld (z. B. Beruf) hohe kognitive Anforderungen gestellt werden. Bei risiko- und nebenwirkungsbehafteten Therapiemaßnahmen ist die Überprüfung neuropsychologischer Funktionen unerlässlich.

Abstract

Neuropsychological assessment plays an important role in diagnostics and therapy of patients with epilepsy. Patients with epilepsy are at higher risk of cognitive impairment compared to the normal population. A variety of interacting epilepsy related factors (e. g. localisation of an underlying pathology, epileptic activity, onset of epilepsy, frequency and severity of seizure activity, antiepileptic medication) may influence the patients cognitive profile. Neuropsychological tests provide information about the individual quality, severity, and dynamics of cognitive functions. Longitudinal studies allow the description of natural courses and of therapeutic effects including side-effects. The aim of neuropsychological evaluation is to improve quality of life by assuring treatment quality and by supporting patients' coping strategies (e. g. utilization of cognitive resources). Weak relationship has been reported between subjective complaints of cognitive deficits and neuropsychological performance in patients with epilepsy. A professional neuropsychological evaluation is therefore needed when cognitive dysfunctions are assumed. Especially patients who are confronted with high cognitive demands and who are at considerable risk of side effects do benefit from neuropsychological diagnostics.

Literatur

PD Dr. rer. nat. Hennric Jokeit

Schweizerisches Epilepsie-Zentrum · Institut für neuropsychologische Diagnostik und Bildgebung

Bleulerstraße 60

8008 Zürich · Schweiz