Z Geburtshilfe Neonatol 2002; 206(4): 125-130
DOI: 10.1055/s-2002-33667
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© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Prävention der Präeklampsie mit Acetylsalicylsäure - eine kritische Analyse

Prevention of pre-eclampsia by low-dose acetylsalicylic acid - a critical appraisalW. Klockenbusch1 , W. Rath2
  • 1Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe des Universitätsklinikums Münster
  • 2Frauenklinik für Gynäkologie und Geburtshilfe des Universitätsklinikums der RWTH Aachen
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Publication History

Eingang: 30. 4. 2002

Angenommen nach Revision: 2. 5. 2002

Publication Date:
28 August 2002 (online)

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Zusammenfassung

Bei der Präeklampsie besteht bereits vor klinischer Manifestation eine thrombozytäre Hyperaktivität mit gesteigerter Freisetzung des vasokonstriktorisch wirksamen Thromboxans. Daher gilt die tägliche orale Gabe von 50 - 150 mg Acetylsalicylsäure (low-dose ASS) als viel versprechender Ansatz für eine Prävention der Erkrankung. Während durch erste Studien eine deutliche Senkung der Präeklampsiefrequenz wie auch eine verminderte Rate intrauteriner Wachstumsretardierungen festgestellt wurde, bestätigten die meisten groß angelegten Studien der 90er Jahre diese Ergebnisse nicht. Als Kritikpunkte an diesen Untersuchungen sind der überwiegend späte Behandlungsbeginn, die mit 60 mg pro Tag niedrige Dosierung, die oft unzuverlässige Tabletteneinnahme und der Einschluss von Schwangeren mit chronischen Erkrankungen wie chronische Hypertonie, Diabetes mellitus und Nierenerkrankungen zu nennen. Eine aktuelle Cochrane-Analyse unter Einschluss aller randomisierten Studien konnte die weitgehende Unbedenklichkeit von low-dose ASS in der Schwangerschaft zeigen und ergab eine signifikante Verminderung des Präeklampsierisikos um 15 % sowie eine 14 %ige Reduktion der perinatalen Mortalität, unabhängig von der Dosierung und dem Therapiebeginn. Mit größerer Wirksamkeit ist durch die tägliche Einnahme von 100 mg ASS, beginnend ab der 12. SSW, zu rechnen, wobei die abendliche Verabreichung einen zusätzlichen Vorteil bieten soll. Während der Einsatz von ASS bei chronischer Hypertonie, Nierenerkrankungen und Diabetes mellitus nicht sinnvoll erscheint, kann diese Behandlung den Frauen mit vor der 32. SSW aufgetretener Präeklampsie oder schwerer fetaler Wachstumsretardierung in vorangegangenen Schwangerschaften empfohlen werden. In der aktuellen Schwangerschaft ergibt sich eine Indikation zur Medikation mit niedrig dosiertem ASS, wenn im II. Trimenon ein pathologischer uteriner DopplerFluss festgestellt wird.

Abstract

Pre-eclampsia has been shown to be associated with platelet activation and excessive release of vasoconstricting thromboxane preceding the onset of the disease. Low-dose acetylsalicylic acid (ASA) substantially inhibits thromboxane formation and may thus prevent pre-eclampsia from developing. In agreement with this hypothesis early randomised trials reported on promising reductions in pre-eclampsia risk and possible fetal growth retardation. Subsequent multicentre trials during the nineties failed to confirm a large benefit, which may in part be explained by late initiation of treatment, low dosages, low patient compliance and wide inclusion of women with concomitant disorders such as chronic hypertension, diabetes mellitus and kidney disease. A recent systematic review of all randomised trials showed an acceptable safety profile and a significant but only moderate reduction in the risk of pre-eclampsia regardless of gestation at trial entry or dose of ASA. There is now growing evidence that the earlier ASA treatment is started, the greater the reduction in the risk of pre-eclampsia is. Moreover, ASA has much stronger effects at higher (80 - 150 mg/day) than at lower doses in the protection against pre-eclampsia and the prevention of severe fetal growth retardation. No clinically important effects, however, have been found in patients with chronic hypertension, kidney disease or diabetes mellitus. In contrast, low dose ASA (100 mg/day) might benefit women with unfavourable obstetric history, in particular those with severe fetal growth retardation or pre-eclampsia with onset at < 32 weeks. The crucial time for starting treatment may be before 16 weeks and daily ingestion before bedtime appears useful. To start low-dose ASA at 20 - 24 weeks gestation seems only justified in women with abnormal uterine Doppler flow.

Literatur

PD Dr. Walter Klockenbusch

Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe des
Universitätsklinikums Münster

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