Pneumologie 2001; 55(5): 229-230
DOI: 10.1055/s-2001-13945
KONGRESSBERICHT
Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Geografische und zeitliche Trends der Birken-, Gras- und Beifußpollenbelastung in Deutschland

Geographic and Time Trends of the Pollen Count Due to Beeches, Grass and Mugwort (Artemisia) in GermanyU. Krämer1, 2 , E. Link1 , H. Behrendt3
  • 1Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie TU München
  • 2Medizinisches Institut für Umwelthygiene an der Universität Düsseldorf
  • 3Klinische Kooperationsgruppe Umweltdermatologie TU/GSF München
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Publication Date:
31 December 2001 (online)

Epidemiologische Studien an Kindern in Deutschland zeigen, dass deutliche geografische Unterschiede in den Prävalenzen von Sensibilisierungen gegen Pollen vorkommen. So sind die Kinder aus Süddeutschland häufiger gegen Graspollen sensibilisiert als Kinder aus Ostdeutschland [1], während der Unterschied zwischen Kindern aus dem Westen Deutschlands (NRW) und solchen aus dem Osten nicht so deutlich ist [2]. Kinder aus Süd- oder Westdeutschland sind häufiger gegen Birkenpollen sensibilisiert als Kinder aus dem Osten Deutschlands [1] [2], während Beifußpollensensibilisierungen häufiger im Osten sind [2]. Neben Unterschieden im Lebensstil, die besonders die Kinder betreffen, die in den unterschiedlichen Systemen in Deutschland vor der Wende geboren wurden, müssen auch Unterschiede in der Exposition mit Pollen bedacht werden. Entsprechende Untersuchungen zur Pollenbelastung in Deutschland fehlen jedoch bisher. Dabei ist schon aufgrund der Unterschiede im Klima, das im Westen und Süden wärmer und feuchter als im Norden und Osten Deutschlands ist, zu erwarten, dass geografische Variationen in der Vegetation und damit auch in der Pollenbelastung auftreten. Ähnlich ist aus dem ansteigenden Temperaturtrend der letzten Jahrzehnte auch ein verändertes Blühverhalten von Pflanzen und damit eine Veränderung der Pollenbelastung zu erwarten.

Als ersten Ansatz für eine Erfassung von Unterschieden in den Expositionsbedingungen haben wir daher die Pollenzählungen von Birke, Gras und Beifuß der verschiedenen Pollenmess-Stationen in Deutschland aus den Jahren 1997 bis 1999 geografisch dargestellt und die Veränderung zwischen diesem Zeitraum und den Jahren 1992/93 untersucht. Die Pollenzähldaten der Jahre 1997 bis 1999 wurden uns vom Deutschen Wetterdienst in Freiburg und die der Jahre 1992 und 1993 von der Stiftung Deutscher Polleninformationsdienst zur Verfügung gestellt. Es lagen nicht für alle Mess-Stationen komplette Messreihen vor. In die Darstellung und Analyse wurden nur solche Stationen aufgenommen, bei denen in jeweils mindestens 2 Jahren an wenigstens 20 Tagen Messungen für Birken- und Beifußpollen in der jeweiligen Saison vorlagen und an wenigstens 40 Tagen Messungen für Graspollen. Aus den Zeitreihen wurden 5 verschiedene kennzeichnende Parameter entnommen, wobei die getroffenen Definitionen weitgehend denen des European Aeroallergen Network in Wien entsprechen:

Beginn der Saison: Der Tag, an dem die Tagessumme erstmals < 1 % der Jahressumme ist, vorausgesetzt, es folgen nicht mehr als 6 Tage mit Null oder fehlenden Werten. Dieser Tag ist angegeben als (Tag seit 1. Januar des entsprechenden Jahres)*12/365.25 + 1. Die Ziffer vor dem Komma entspricht damit unmittelbar der Ziffer des Monats, in dem die Saison beginnt. Ende der Saison: Der Tag, an dem die Tagessumme > 95 % der Jahressumme ist. Dauer der Saison: Zeitraum zwischen Ende und Beginn der Saison in Tagen Spitzenwert: Größter gemessener Tageswert Mittel: Quotient aus der Pollensumme während der Saison und Anzahl Meldungen in der Saison, die von Null verschieden sind. Da viele Stationen keine täglichen Messungen durchführen, erschien es nicht sinnvoll, eine Pollensumme darzustellen.

Abb. [1] zeigt die geografische Variation von Charakteristika der Birkenpollenbelastung in Deutschland, Abb. [2] die der Graspollenbelastung und Abb. [3] die der Beifußpollenbelastung. Kreise mit Durchmessern von 50 km sind um die Standorte der jeweiligen Pollenmess-Stationen zentriert. Die Höhe der Mittelwerte der Jahre 1997 bis 1999 ist durch 5 Graustufen gekennzeichnet, wobei die Klasseneinteilung so gewählt wurde, dass Kreise jeder Graustufe gleich häufig vorkommen. Es lassen sich einige geografische Trends ausmachen: Der Blühbeginn ist im Südwesten Deutschlands. Er setzt sich nach Nordosten fort. Dieser Trend ist bei der frühblühenden Birke am ausgeprägtesten mit einer beinahe zweimonatigen Verschiebung und am schwächsten beim Beifuß. Bei den Gräsern ist eine lange Blühphase im Süden mit einer mittelstarken täglichen Pollenbelastung während der Saison assoziiert. Die Beifußpollenbelastung ist im Nordosten Deutschlands sehr viel höher als im Südwesten.

Signifikante zeitliche Trends zeigten sich nur für die Birkenpollen. Hier lag der Saisonbeginn 1992/93 14 Tage später als 1997 - 1999, die Saison war 1992/93 14 Tage kürzer und die mittlere tägliche Belastung in der Saison mehr als doppelt so hoch wie 1997 - 1999.

Geografische und zeitliche Trends in der Pollenbelastung sind also durchaus vorhanden und müssen bei der Interpretation von Unterschieden in der Sensibilisierungshäufigkeit mit herangezogen werden.

Abb. 1Geografische Variation von Charakteristika der Birkenpollenbelastung in Deutschland 1997 - 1999.

Abb. 2Geografische Variation von Charakteristika der Graspollenbelastung in Deutschland 1997 - 1999.

Abb. 3Geografische Variation von Charakteristika der Beifußpollenbelastung in Deutschland 1997 - 1999.

Literatur

  • 1 v Mutius E, Martinez F D, Fritzsch C, Nicolai T, Roell G, Thiemann H H. Prevalence of asthma and atopy in two areas of West and East Germany.  Am J Respir Crit Care Med. 1994;  149 358-364
  • 2 Behrendt H, Krämer U, Dolgner R, Hinrichs J, Willer H J, Hagenbeck H, Schlipköter H W. Elevated levels of total serum IgE in East German children: atopy, parasites, or pollutants? A comparative study among 2054 preschool children in East and West Germany.  Allergo J. 1993;  2 31-40

Dr. rer. nat U Krämer

Medizinisches Institut für Umwelthygiene
an der Universität Düsseldorf

Auf dem Hennekamp 50
40225 Düsseldorf

Email: E-mail: Kraemeru@uni-duesseldorf.de

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