Z Geburtshilfe Neonatol 2025; 229(03): e21
DOI: 10.1055/s-0045-1808343
Abstracts
Neonatologie: Lunge/Atmung

Maternale Wasserintoxikation mit perinataler Hypervolämie und Hyponatriämie: Erhöhtes Risiko bei Haus- oder ambulanten Geburten?

O Andres
1   Universitätsklinikum Würzburg, Kinderklinik und Poliklinik, Würzburg, Germany
,
S Dartsch
1   Universitätsklinikum Würzburg, Kinderklinik und Poliklinik, Würzburg, Germany
,
D Schröder
1   Universitätsklinikum Würzburg, Kinderklinik und Poliklinik, Würzburg, Germany
,
C Härtel
1   Universitätsklinikum Würzburg, Kinderklinik und Poliklinik, Würzburg, Germany
› Author Affiliations
 

Einleitung und Zielsetzung: Die perinatale Hypervolämie und Hyponatriämie als Folge einer maternalen Wasserintoxikation ist ein seltenes Ereignis. Wir berichten von einem reifen Neugeborenen mit einer primär respiratorischen Symptomatik nach Hausgeburt, dem klinischen Bild einer neonatalen Pneumonie und erheblicher Komplizierung der Symptomatik durch die Entwicklung von beidseitigen, drainagepflichtigen Pleuraergüssen. Ziel dieses Fallberichts ist es, die neonatalen Auswirkungen einer maternalen Wasserintoxikation zu illustrieren.

Fallbericht und Ergebnisse: Ein reifes Neugeborenes (41+3 SSW, GG 3.650 g) wird als erstes Kind einer Erstgravida nach unauffälliger Schwangerschaft und geplanter Hausgeburt aus grünem Fruchtwasser (Apgar 4/6/7) geboren. Wegen stöhnender Atmung wird ab dem Alter von 30 Minuten der Neugeborenennotarztdienst alarmiert. Aufgrund des klinischen (Tachydyspnoe und erhöhter Sauerstoffbedarf unter CPAP bis FiO2 0,45) und radiologischen (bipulmonale feinfleckige Transparenzminderungen) Bilds einer neonatalen Pneumonie wird eine empirische antibiotische Therapie mit Ampicillin und Gentamicin begonnen. In den Folgestunden aggraviert die klinische Symptomatik mit Notwendigkeit zur endotrachealen Intubation bei zunehmender Oxygenierungsstörung (FiO2 0,9), beidseits kompromittierenden Pleuraergüssen auf dem Boden einer Hyponatriämie (Natrium 127 mmol/l) und transienter Katecholamintherapie mit Dobutamin und Noradrenalin. Das nach Anlage von beidseitigen Thoraxdrainagen gewonnene Pleurapunktat wird als Transsudat gewertet (Gesamt-Eiweiß 2,5 g/dl). Es erfolgt der intravenöse Ausgleich der Hyponatriämie über etwa 24 Stunden. Die Seitenventrikel in der Schädelsonographie zeigen sich sehr eng, Aszites ist nicht nachzuweisen. In der Kultur des Ohrabstrichs vom Aufnahmetag gelingt der Nachweis von Streptococcus agalactiae und Staphylococcus aureus. Blutkulturen und die Kulturen des Pleurapunktats bleiben ohne Wachstum. Die Extubation und der sequentielle Zug der Thoraxdrainagen erfolgen nach zwei, die Beendigung der antibiotischen Therapie (CRP maximal 6,5 mg/dl) nach sieben Tagen. Auf Nachfrage gab die Mutter, bei der ebenfalls eine Hyponatriämie besteht, an, nach Einsetzen der Wehen acht Liter Wasser getrunken zu haben, um optimal auf die Hausgeburt vorbereitet zu sein.

Diskussion und Zusammenfassung: Das klinische und radiologische Bild ist mit der Diagnose einer neonatalen Pneumonie durch B-Streptokokken vereinbar. Allerdings ist die eindrucksvolle, rasche Entstehung von kompromittierenden Pleuraergüssen ungewöhnlich. Es ist naheliegend, dass eine neonatale Hypervolämie und Hyponatriämie als Folge einer maternalen Wasserintoxikation zu diesem Krankheitsverlauf beigetragen hat. Wir empfehlen, diese seltene Ursache gerade bei Hausgeburten oder ambulanten Entbindungen in die Differentialdiagnostik einzubeziehen.



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Article published online:
19 May 2025

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