physioscience 2025; 21(S 01): S8-S9
DOI: 10.1055/s-0045-1808123
Abstracts
Vorträge

Behandeln Physiotherapeut*innen Menschen mit Hüft- oder Kniearthrose nach den bestverfügbaren Empfehlungen? Eine Vignettenstudie

F Weber
1   Department für Angewandte Gesundheitswissenschaften, Studienbereich Physiotherapie, Hochschule für Gesundheit, Bochum, Germany
2   Department of Rehabilitation, Physiotherapy Science & Sports, UMC Utrecht Brain Center, University Medical Center Utrecht, Utrecht University, Utrecht, The Netherlands
,
C Kloek
3   Research Group Innovation of Human Movement Care, Knowledge Centre Healthy and Sustainable Living, HU University of Applied Sciences, Utrecht, The Netherlands
,
M Bonk
1   Department für Angewandte Gesundheitswissenschaften, Studienbereich Physiotherapie, Hochschule für Gesundheit, Bochum, Germany
,
C Veenhof
2   Department of Rehabilitation, Physiotherapy Science & Sports, UMC Utrecht Brain Center, University Medical Center Utrecht, Utrecht University, Utrecht, The Netherlands
3   Research Group Innovation of Human Movement Care, Knowledge Centre Healthy and Sustainable Living, HU University of Applied Sciences, Utrecht, The Netherlands
,
C Grüneberg
1   Department für Angewandte Gesundheitswissenschaften, Studienbereich Physiotherapie, Hochschule für Gesundheit, Bochum, Germany
› Author Affiliations
 

Einleitung Klinische Leitlinien zur Behandlung von Hüft- oder Kniearthrose (HKA), wie die der Osteoarthritis Research Society International (OARSI), empfehlen eine konservative, nicht-medikamentöse Behandlung als erste Wahl [1]. Internationale Studien haben untersucht, inwieweit sich Physiotherapeut*innen (PT) an die Empfehlungen der Leitlinien halten [2] [3] [4] [5]. In Deutschland gibt es jedoch keine Studie, die mittels einer vignettenbasierten Umfrage gewählte Therapiemodalitäten der PT mit der bestverfügbaren Evidenz vergleicht. Ziel der Studie war es daher, die Übereinstimmung ausgewählter Modalitäten von PT in spezifischen Versorgungssituationen von Menschen mit HKA im Hinblick auf die bestverfügbare Evidenz zu untersuchen.

Material und Methodik PT in ambulanten Praxen in Deutschland wurden für die Querschnittsstudie rekrutiert. Einschlusskriterien waren ein Abschluss in Physiotherapie, ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache und Internetzugang. Ausgeschlossen wurden PT, die in den letzten zwölf Monaten keine Patient*innen mit HKA behandelt hatten. Die Umfrage umfasste vier unterschiedliche HKA-Fallvignetten. Mittels einer Modalitätenliste der OARSI-Leitlinie sollte die Frage der Anwendung bewertet werden (ja/nein). Die Auswahl war richtig, wenn sie der bestverfügbaren Evidenz (OARSI-Leitlinie [1]) entsprach. Abschließend erfolgten Fragen zur Leitlinienkenntnis und zu demographischen Daten der Teilnehmenden. Alle Daten wurden deskriptiv analysiert. Der Einfluss des Berufsabschlusses und der Berufserfahrung der PT wurde mittels linearer Regressionsanalyse untersucht (SPSS, Version 29.0, Microsoft Excel 2016)

Ergebnisse Insgesamt wurden 335 PT (Ø Alter 35,9±11,9 Jahre; 201 Frauen (60%)) in die Analyse einbezogen. Die am häufigsten gewählten empfohlenen Modalitäten waren strukturierte Übungsprogramme (96%), Edukation (95%), und Selbstmanagementprogramme (88%). Überdies gab es eine Auswahl von Modalitäten mit begrenzter Evidenz (z. B. Massage). Eine längere Berufserfahrung (p<.001) sowie ein nicht-akademischer Berufsabschluss (p<.001) hatten einen signifikant negativen Einfluss auf die Übereinstimmung mit der bestverfügbaren Evidenz. Nahezu die Hälfte (164 (49%)) der PT gaben an, mindestens eine HKA Leitlinie zu kennen. Ein Drittel (104 (31%)) verwiesen auf eine spezifische Leitlinie.

Zusammenfassung Neben einer hohen Übereinstimmung gab es auch eine beträchtliche Modalitätenauswahl mit begrenzter Evidenz zur Behandlung von Menschen mit HKA. Es erscheint notwendig, diese Modalitäten zu de-implementieren. Zudem beeinflusst der höchste Ausbildungsgrad und die Berufserfahrung die Auswahl. Es ist ratsam, die Qualität der physiotherapeutischen Versorgung in Deutschland durch bspw. die Erstellung eines (De-)Implementierungsprotokolls zu optimieren.



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Article published online:
21 May 2025

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