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DOI: 10.1055/s-0045-1808118
Gesundheitliche Ungleichheit in der physiotherapeutischen Versorgung
Einleitung Als Gesundheitsfachberuf hat sich die Physiotherapie in Deutschland inzwischen zu einem wichtigen Akteur der Gesundheitsversorgung entwickelt [1]. Damit hält auch die Auseinandersetzung mit dem Einfluss Sozialer Determinanten von Gesundheit und gesundheitlicher Ungleichheit Einzug in die physiotherapeutische Versorgung [2] [3] [4]. Gesundheitliche Ungleichheit wird dann zum Problem, wenn mit dieser Ungleichheit auch Ungerechtigkeit aufgrund sozialer Unterschiede einhergeht [2].
Material und Methodik Diese qualitative Studie wurde im Rahmen des Promotionsverfahrens „Perspektiven lebensweltorientierter Physiotherapie“ durchgeführt und folgt den Grundsätzen eines explorativ empirischen Vorgehens. Ziel der Studie war es, folgende Frage zu beantworten: „Wie stellt sich Lebensweltorientierung in der Physiotherapie gegenwärtig dar?“ Im Rahmen der Erhebung wurden 27 teilstrukturierte, problemzentrierte Interviews mit Physiotherapeut:innen geführt. Im Auswertungsverfahren wurde ein kombiniertes Vorgehen aus strukturierender und typenbildender Inhaltsanalyse nach Kuckartz [5] gewählt.
Ergebnisse Ergebnisse dieser Studie zeigen gesundheitliche Folgen sozialer Ungleichheit und damit einhergehende Benachteiligungen im physiotherapeutischen Alltag auf. Die Interviewten beziehen sich dabei auf individuelle gesundheitliche Belastungen, Benachteiligungen bei der Entwicklung von Bewältigungsressourcen und die Qualität der gesundheitlichen Versorgung. Sie bestätigen die Aussagen von Mielck et al. [6], denen zufolge sich soziale Ungleichheit auf diese Aspekte – Belastungen, Ressourcen und Versorgung – auswirkt. Diese wiederum beeinflussen das individuelle Gesundheitsverhalten und erzeugen damit gesundheitliche Ungleichheit zwischen den unterschiedlichen Statusgruppen. Neben den gesundheitlichen Folgen zeigen die Interviewten auch Lösungsansätze auf [2].
Zusammenfassung Gesundheitliche Ungerechtigkeit wird durch soziale Unterschiede geprägt, und ist ein Thema, mit dem sich auch Physiotherapeut:innen – national sowie international – auseinandersetzen [2] [3] [4]. Denn Gesundheit und Krankheit sind zwar „individuelle, auf das einzelne Subjekt bezogene Zustandsbeschreibungen“ [7], aber sie sind nicht nur subjektiv und eigenverantwortlich herzustellen. Vielmehr wird inzwischen die Wechselbeziehung zwischen Gesundheit und dem sozioökonomischen Status betont [8]. So kann auch bestätigt werden, dass Faktoren, die zum Beispiel die Verstärkung von chronischen Schmerzen begünstigen, nicht nur beim Lebensstil zu suchen sind [9]. Deshalb unterstützen lebensweltorientierte Physiotherapeut:innen gesundheitliche Chancengleichheit.
Publication History
Article published online:
21 May 2025
© 2025. Thieme. All rights reserved.
Georg Thieme Verlag KG
Oswald-Hesse-Straße 50, 70469 Stuttgart, Germany
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Literatur
- 1 Borgetto B, Köhler M.. Pflege- und Therapiewissenschaften und Public Health. In: Schmidt-Semisch H, Schorb F, Hrsg. Public Health: Disziplin – Praxis – Politik. Berlin: Springer; 2021.
- 2 El-Seoud N.. Perspektiven lebensweltorientierter Physiotherapie. Eine qualitative Studie. Wiesbaden: Springer; 2023
- 3 Moers S.. „Aber es ist halt ein Mensch.“ Sichtweisen, Wertungen, Einstellungen in der Physiotherapie – eine qualitative Studie [Masterthesis]. Katholische Hochschule Freiburg. 2018
- 4 Setchell J, Watson B, Jones L, Gard M.. Weight stigma in physiotherapy practice: Patient perceptions of interactions with physiotherapists. Man Ther 2015; 20: 835-841
- 5 Kuckartz U.. Qualitative Inhaltsanalyse: Methoden, Praxis, Computerunterstützung. 4. Aufl. Weinheim: Beltz Juventa; 2018
- 6 Mielck A, Christian J.. Ein Modell zur Erklärung der gesundheitlichen Ungleichheit. Public Health Forum 2008; 16: 4-5
- 7 Negt O.. Gesellschaft und Krankheit. Ohne Partizipation keine Gesundung. In: Rosenbrock R, Hartung S, Hrsg. Handbuch Partizipation und Gesundheit. 1. Aufl. Bern: Huber; 2012
- 8 Robert Koch-Institut (RKI). Gesundheitsberichterstattung des Bundes gemeinsam getragen von RKI und DESTATIS. Gesundheit in Deutschland. 2015. Zugriff am 04.04.2025 unter https://www.rki.de/DE/Content/Gesundheitsmonitoring/Gesundheitsberichterstattung/\_GesInDtld/gesundheit\_in\_deutschland\_2015.pdf;jsessionid=56E63432C31E88FFE9D7C25A39AA818C.internet101?\_blob=publicationFile
- 9 Aster H-C, Sommer C.. Chronischer Schmerz und Gesellschaft. Der Schmerz 2019; 33: 183-184