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DOI: 10.1055/s-0045-1807309
Stratifizierung des Risikos für die Anwendung von Zwangsmaßnahmen mit Hilfe von künstlicher Intelligenz und elektronischen Gesundheitsdaten
Zwangsmaßnahmen wie Isolation und Fixierung stellen erhebliche Eingriffe in die Freiheit der Betroffenen dar und werden dennoch weltweit in psychiatrischen Einrichtungen angewendet. Ziel dieser Studie ist es, Risikofaktoren für die Anwendung von Zwangsmaßnahmen in der stationären psychiatrischen Akutversorgung zu identifizieren und die Vorhersage durch künstliche Intelligenz zu optimieren. Dazu wird eine große Stichprobe von Patienten der Akutstation PSY-S1 analysiert. Bisherige Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass polizeiliche Einweisungen, körperliche Aggression, unfreiwillige Krankenhauseinweisungen, junges Alter, akute Intoxikationen und diagnostizierte psychotische Störungen mögliche Prädiktoren für Zwangsmaßnahmen sind. Frühere Studien mit maschinellen Lernverfahren haben bereits vielversprechende Ergebnisse gezeigt: Ein Modell von Hotzy et al. (2018) erreichte eine Vorhersagegenauigkeit von 69% mit 8 Risikofaktoren und 75% mit 18 Faktoren. Eine retrospektive Analyse von Silva et al. (2021) ergab ähnlich ausgewogene Genauigkeiten zwischen 68 % und 72 %. Ein wesentlicher Fortschritt der vorliegenden Studie ist die Verwendung von Large Language Models (LLMs) zur automatisierten Identifikation relevanter Variablen aus Freitexten. Basierend auf einer retrospektiven Analyse von 2630 stationären Fällen zwischen 2022 und 2024 konnte die Erkennung von Risikofaktoren deutlich verbessert werden. Ein bereits getestetes, auf Llama-2 basierendes Modell erreichte eine Genauigkeit von 87,5% bei der Erkennung von Suizidalität. Diese Methodik soll auf weitere Faktoren ausgedehnt werden. Das Hauptziel der Studie ist die genauere Vorhersage und Erkennung von Risikofaktoren für Zwangsmaßnahmen. Der Einsatz von LLMs bietet die Möglichkeit, die Vorhersage und Erkennung von Risiken deutlich zu optimieren und damit potenziell Zwangsmaßnahmen zu reduzieren.
Publikationsverlauf
Artikel online veröffentlicht:
30. April 2025
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