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DOI: 10.1055/s-0045-1807305
Amphiphysin und GAD65 IgG Antikörper bei Zwangsstörungen
Amphiphysin- und Glutamatdecarboxylase (GAD) 65 Immunglobulin G (IgG) Antikörper wer- den zu einer Gruppe neuronaler Antikörper gezählt, die gegen synaptische intrazelluläre Anti- gene gerichtet sind [1]. In seltenen Fällen wurde auch das Auftreten von Zwangsstörungen im Zusammenhang mit Autoimmunprozessen beschrieben [2]. Ein möglicher Zusammenhang zwischen diesen Antikörpern und der Zwangsstörung wird anhand von zwei paradigmatischen Fällen erörtert [3].
Patientin 1, eine 33-jährige Frau mit Emetophobie seit ihrer Kindheit und Zwangssymptomen, wies in einem Immunoassay wiederholt positive Amphiphysin IgG Antikörper im Serum auf und hatte weitere unspezifische immunologische Auffälligkeiten im Blut. Ein gewebebasierter Assay unter Verwendung von Liquormaterial zeigte eine IgG-Bindung gegen Zellkerne und das Endothel. Weitere diagnostische Untersuchungen ergaben keine eindeutigen Hinweise auf eine Hirnbeteiligung oder einen assoziierten Tumor [3]. Patientin 2, eine 35-jährige Frau, hatte länger bestehende und aktuell exazerbierte Zwangssymptome. Die Patientin litt seit etwa 20 Jahren an epileptischen Anfällen, die mit Gedächtnisstörungen und Persönlichkeitsverände- rungen einhergingen und sich durch eine erhöhte Reizbarkeit äußerten. Die Patientin wies hochpositive GAD65 IgG Antikörperkonzentrationen im Serum auf, wobei Hinweise auf eine intrathekale GAD65-Antikörpersynthese vorlagen. Eine Hirnbeteiligung wurde angenommen beim Vorliegen einer a.e. chronifizierten limbischen Enzephalitis im MRT mit einem auffälligen MRT-Signal des zentralen Teils des rechten Hippocampus (initial ödematös, zuletzt eher einer Sklerose entsprechend), rechts frontalen/mediofrontalen Spikes im EEG und liquorspezifi- schen oligoklonalen Banden [3].
Zusammenfassend zeigen die vorgestellten Fälle, dass das Vorhandensein von neuronalen An- tikörpern im Serum bei der Zwangsstörung nicht zwangsläufig die Diagnose einer autoimmu- nen Zwangsstörung oder einer autoimmunen Enzephalitis erlaubt [2] [4]. Der Nachweis von neuronalen Antikörpern erfordert jedoch eine multimodale diagnostische Abklärung, um eine mögliche entzündliche Hirnbeteiligung zu erkennen oder auszuschließen [2] [4]. Fall 1 zeigt, dass gut charakterisierte neuronale Antikörper im Immunoblot ohne funktionelle Relevanz positiv sein können. Fall 2 lehrt, dass eine chronische GAD65 Antikörper-assoziierte limbische Enzephalitis mit konsekutiver Temporallappenepilepsie und Zwangssymptomen einhergehen kann [3].
Publikationsverlauf
Artikel online veröffentlicht:
30. April 2025
© 2025. Thieme. All rights reserved.
Georg Thieme Verlag KG
Oswald-Hesse-Straße 50, 70469 Stuttgart, Germany
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Literatur
- 1 Dalmau J., Graus F.. Antibody-mediated encephalitis. N Engl J Med 2018; 378: 840-851
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- 3 von Zedtwitz K, Feige B, Maier A, Schaefer SL, Nickel K, Reisert M, Spiegelhalder K, Venhoff N, Brumberg J, Urbach H, Dersch R, Schiele MA, Domschke K, Tebartz van Elst L, Coenen VA, Hannibal L, Prüss H, Maier SJ, Endres D.. Amphiphysin and GAD65 IgG antibodies in patients with obsessive-compul- sive syndromes. Eur Neuropsychopharmacol 2025; 90: 80-82
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