CC BY-NC-ND 4.0 · Geburtshilfe Frauenheilkd 2018; 78(02): 167-172
DOI: 10.1055/s-0044-100147
GebFra Science
Original Article/Originalarbeit
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Beeinflusst ein Migrationshintergrund Indikationsstellung, Häufigkeit oder Outcome bei einer Notsectio? Ergebnisse einer prospektiven Datenerfassung bei 111 Geburten

Article in several languages: English | deutsch
Matthias David
1   Charité-Universitätsmedizin Berlin, Klinik für Gynäkologie, Campus Virchow-Klinikum, Berlin, Germany
,
Katrin Alexandra Scherer
1   Charité-Universitätsmedizin Berlin, Klinik für Gynäkologie, Campus Virchow-Klinikum, Berlin, Germany
,
Wolfgang Henrich
2   Charité-Universitätsmedizin Berlin, Kliniken für Geburtsmedizin, Campus Virchow-Klinikum und Campus Charité Mitte, Berlin, Germany
,
Jürgen Breckenkamp
3   Universität Bielefeld, Fakultät für Gesundheitswissenschaften, AG Epidemiologie und International Public Health, Bielefeld, Germany
› Author Affiliations
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Publication History

received 06 November 2017
revised 03 January 2018

accepted 03 January 2018

Publication Date:
19 February 2018 (online)

Zusammenfassung

Fragestellungen Unterscheiden sich Häufigkeit und/oder Indikationsstellung für eine Notsectio in Abhängigkeit davon, ob bei der Schwangeren ein Migrationshintergrund (MH) vorliegt? Führen mangelnde Sprachkompetenz (Kommunikationsprobleme) und niedriger Akkulturationsgrad zu einer längeren Entschluss-Entwicklungs-Zeit (E-E-Zeit)? Ist der postnatale Zustand der Neugeborenen von Frauen mit MH nach Notsectio schlechter?

Patientinnenkollektiv und Methodik Standardisierte Interviews wurden vor oder unmittelbar nach der Geburt in 3 Berliner Geburtskliniken erhoben. Dabei wurden Fragen zu soziodemografischen und Versorgungsaspekten sowie zum Migrations- und Akkulturationsstatus gestellt. Zusätzlich erfolgte eine Datenverknüpfung mit Angaben aus dem Mutterpass und mit Versorgungs- und Perinataldaten der Kliniken. Regressionsmodelle zur Adjustierung für Alter, Parität, sozioökonomischen Status wurden durchgeführt.

Ergebnisse Das Gesamtkollektiv umfasste 7100 Frauen (Rücklaufquote 89,6%), darunter waren 111 Notsectiones (50 bei Frauen ohne MH, 61 bei Migrantinnen). Risikofaktoren wie späte 1. Vorsorgeuntersuchung, Gestationsdiabetes, SIH, fetale Makrosomie, Rauchen, Gewichtszunahme waren in beiden Kollektiven ähnlich verteilt. Notsectiohäufigkeit und -indikationen sowie E-E-Zeit waren in beiden Gruppen ähnlich. Geringe deutsche Sprachkenntnisse oder niedriger Akkulturationsgrad bei den Migrantinnen verlängern die E-E-Zeit nicht. Hinsichtlich eines ungünstigen postnatalen Zustands des Neugeborenen (5-min-Apgar-Wert ≤ 7, arteriellen Nabelschnur-pH-Wert < 7,00) oder bei der unmittelbar postnatalen Verlegungsrate in eine Kinderklinik nach einer Notsectio zeigten sich im Vergleich Migrantinnen- vs. Nichtmigrantinnenkollektiv keine statistisch relevanten Unterschiede.

Schlussfolgerung Der Faktor „Migrationshintergrund“ hat keine relevante Bedeutung bei der Indikationsstellung und für die geburtshilfliche Ergebnisqualität bei Notsectiones.