Sprache · Stimme · Gehör 2017; 41(04): 197-203
DOI: 10.1055/s-0043-117202
Schwerpunktthema
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Der Beitrag exekutiver und sprachlicher Teilleistungen in semantischen und formal-lexikalischen Wortflüssigkeitsaufgaben

The Contribution of Executive and Linguistic Components in Semantic and Letter Fluency Tasks
Anna Stielow
Universität zu Köln, DP Heilpädagogik und Rehabilitation, Pädagogik und Therapie bei Sprach- und Sprechstörungen
,
Prisca Stenneken
Universität zu Köln, DP Heilpädagogik und Rehabilitation, Pädagogik und Therapie bei Sprach- und Sprechstörungen
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
06. Dezember 2017 (online)

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Wortflüssigkeitsaufgaben werden im neuropsychologischen und sprachtherapeutischen Kontext bei unterschiedlichsten Populationen eingesetzt. Obwohl diese Aufgaben sowohl für die Überprüfung exekutiver Funktionen als auch lexikalisch-semantischer Leistungen eingesetzt werden, konnte bisher nicht hinreichend geklärt werden, welche exekutiven und sprachlichen Verarbeitungskomponenten in diesen Aufgaben zusammenwirken. Wir untersuchten gesunde Sprecherinnen sowie Personen mit Aphasie, führten semantische und formal-lexikalische Wortflüssigkeitsaufgaben durch und analysierten die Leistungen nach der Anzahl korrekter Antworten und nach qualitativen Aspekten des sogenannten Clustering und Switching. Zudem testeten wir die exekutiven und lexikalischen Leistungen mit weiteren Testverfahren. Die Ergebnisse weisen auf einen starken Einfluss der lexikalischen (gegenüber den exekutiven) Leistungen bei der erfolgreichen Bearbeitung von Wortflüssigkeitsaufgaben hin. Mit der herkömmlichen Auswertung ist es diagnostisch bisher nicht möglich, die verschiedenen involvierten kognitiven Prozesse voneinander zu differenzieren. Aufgrund des hybriden Charakters dieser Aufgaben bestehen in der diagnostischen Interpretation der Leistungen daher Grenzen.

Abstract

Verbal fluency tasks are widely used in neuropsychological and language assessments. As these tasks are used as an assessment of executive functions as well as lexical-semantic abilities, it is important to precisely specify which executive and language components are involved in these tasks. We tested healthy young speakers and patients with aphasia, conducted semantic and letter fluency tasks and analysed the performance with respect to the number of correct words and clustering and switching component scores. We also tested executive and lexical components. Our findings indicate a strong relative contribution of lexical (as compared to executive) components to the successful performance of fluency tasks. Traditional diagnostic procedures do not allow a differentiation between the different cognitive components involved. Consequently, there might be limitations in the clinical interpretation of performance in these tasks.

Fazit

In Übereinstimmung mit aktuellen Studien sprechen die aktuellen Ergebnisse weniger für einen Zusammenhang exekutiver als vielmehr lexikalisch später (postsemantischer) Prozesse mit der Leistung in Wortflüssigkeitsaufgaben. Trotzdem ist es diagnostisch bisher nicht möglich, die exekutiven und lexikalisch-semantischen Prozesse, die in die erfolgreiche Durchführung der Wortflüssigkeitsaufgaben involviert sind, zu differenzieren. Durch den hybriden Charakter der Aufgaben bestehen einige Grenzen in der diagnostischen Interpretation der Wortflüssigkeitsleistungen bei Personen mit Aphasie.