Zusammenfassung
Hintergrund Neurodegenerative (ND) Erkrankungen bilden eine heterogene Gruppe von Affektionen
des Nervensystems mit unterschiedlicher Ätiologie, Lokalisation und Verlauf. Am bekanntesten
sind aus klinischer und sozioökonomischer Sicht die zerebralen Erkrankungen von Alzheimer
(AD) und weiteren Demenzen, weil ihre Prävalenz in der alternden Bevölkerung erheblich
hoch ist und weil die ND nicht kausal therapierbar sind. In dieser Übersicht sollen
die ND-Erkrankungen aus der ophthalmologischen Sicht und im Bezug zu analogen Erkrankungen
der Netzhaut erläutert werden.
Material und Methoden Bezüglich der epidemiologischen Lage wurde die neurologische Bibliografie zu den
ND berücksichtigt. Hinzu kommen ophthalmologische Daten zu retinaassoziierten ND insbesondere
im Alter. Letztlich wird die eigene Datenlage bez. gemeinsamer zellulärer und molekularer
Biomarker für sowohl retinales als auch zerebrales Altern herangezogen.
Ergebnisse Die Alzheimererkrankung ist aus neurologischer Sicht die häufigste ND-Erkrankung
mit steigender Prävalenz. Die altersbedingte Makuladegeneration (AMD) und das Glaukom
sind die häufigsten retinalen ND mit ebenfalls steigender Prävalenz. Sowohl im Gehirn
als auch in der Retina gehen Neuronen irreversibel zugrunde und es treten gliale,
mikrogliale, extrazelluläre und vaskuläre Reaktionen hinzu, die entweder als Atrophien
mit Plaquebildungen (AD) oder als Drusen mit späterer ödematöser Transformation mit
Makulaneoangiogenese (AMD) oder als Optikusdegeneration (OD) imponieren. Auf zellulärer
Ebene ist die strukturelle und funktionelle Irreversibilität allen gemeinsam, wobei
die Therapie sich palliativ zur Erhaltung vorhandener Restfunktion gestaltet. Gezielte
präventive Behandlungen sind noch nicht hinreichend identifiziert worden. Es sind
auf molekularer Ebene gemeinsame Marker analysiert worden, um das Verständnis dieser
Degenerationen zu vertiefen und gezieltere Behandlungsmöglichkeiten aufzuzeigen.
Schlussfolgerung Im Vergleich entspricht die zerebrale AD eher der retinalen AMD, die zerebrale allgemeine
Demenz der allgemeinen Sehvermögenseinschränkung im Alter und die Optikusdegeneration
der retrookulären kompressionsbedingten zerebralen Atrophie. Gemeinsame Aspekte sind
vorhanden und werden diskutiert.
Abstract
Background Neurodegenerative diseases (ND) consist of divers affections of the central nervous
system related to etiology, localization, and of course of the disease. Alzheimerʼs
disease (AD) and related dementias are best investigated together with socioeconomic
conditions and play an important role in its high prevalence. This work will present
ND diseases in the context of analogous retinal degeneration mechanisms and ophthalmological
diseases.
Methods Based on epidemiological data, the current neurological bibliography of ND has been
considered. Additional ophthalmological data containing age-related retinal diseases
were included in a comparative manner. Moreover, our own data dealing with similarities
of cellular and molecular biomarkers in the retinal and cerebral aging process were
included.
Results AD is the most important neurological ND disease with increasing prevalence. Age-related
macular degeneration (AMD) and glaucoma are the most common retinal diseases with
ND background and have an increasing prevalence. Irreversible loss of neurons, together
with glial, microglial, extracellular, and vascular reactions are found both in the
brain and retina and can show atrophic signs with onsets of plaques (AD), drusen (AMD)
or optic degenerations. Alterations of cellular conditions result in irreversible
functional impairments. Current therapeutic options preserve only residual function
and preventive possibilities are actually missing. Molecular biomarkers have been
identified to endorse a better understanding of ND and to provide new therapeutic
options.
Conclusions Comparison of cerebral AD shows similarities with retinal AMD, and cerebral dementias
are comparable with the physiological age-related impairment of visual acuity. Optic
degeneration may be similar to cerebral atrophy associated with retroocular compression.
Improved understanding of pathogenetic mechanisms of cerebral and retinal diseases
may help to establish preventive and therapeutic concepts in the future.
Schlüsselwörter
Retina - Altern - AMD - Morbus Alzheimer - Glaukom
Key words
retina - aging - AMD - Alzheimerʼs disease - glaucoma