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DOI: 10.1055/s-0042-1753886
Nudging – die gesunde und nachhaltigere Ernährung einfacher machen
Einleitung Ernährung verursacht „vom Hof bis nach dem Teller“ vielfältige schädliche Umweltauswirkungen. Beispielsweise wird der Anteil an den Treibhausgasemissionen weltweit auf ca. 25 % geschätzt. Im Ernährungssystem liegt aber auch ein erhebliches Reduktionspotenzial. Eine gesunde, nachhaltigere Ernährung ist daher wesentliches Ziel für eine nachhaltige Entwicklung.
Dafür bedarf es in naher Zukunft erheblicher Veränderungen im Ernährungsverhalten. Dies kann durch beschränkende, lenkende und unterstützende Interventionsansätze befördert werden. Das aus der Verhaltensökonomie stammende nudging (englisch „to nudge“ = anstupsen) ist ein in jüngerer Zeit diskutierter lenkender Interventionsansatz.
Der potenzielle Beitrag von nudging zur Förderung eines gesunden, nachhaltigeren Ernährungsverhaltens wird in diesem Vortrag thematisiert.
Methoden Nudging wird definiert und eingeordnet sowie die Wirksamkeit beleuchtet. Eigene Studien zum Einfluss von nudging auf das Speisenauswahlverhalten in der Gemeinschaftsgastronomie werden ergänzend vorgestellt.
Die nachhaltigere Ernährung wird gemäß WBAE-Gutachten (2020) über die vier Zieldimensionen Gesundheit, Soziales, Umwelt und Tierwohl und anhand von vier praktischen Handlungsempfehlungen definiert: Pflanzenbasierte Ernährungsweise bevorzugen; Bio- und Fairtradeprodukte bevorzugen; Lebensmittelabfälle reduzieren; „natürlicher“ essen.
Ergebnisse Unser Ernährungsverhalten beruht auf einem komplexen Zusammenspiel von unbewussten Routinen, Gewohnheiten, Einflüssen der Ernährungsumgebung und bewussten Entscheidungen. Nudging setzt bei der Ernährungsumgebung an und verändert diese so, dass es leichter wird, Ziele zu erreichen. Im Unterschied zur Manipulation soll das Interventionsdesign transparent und müssen die ökonomische und ideologische Neutralität gewährleistet sein. Die Wahlfreiheit wird nicht eingeschränkt und es werden keine Verhaltensvorschriften erlassen. Neuere Studien deuten darauf hin, dass Verbraucher*innen gegenüber nudging positiv eingestellt sind und Maßnahmen auch dann wirken, wenn sie offengelegt sind.
Im Bereich Ernährung gibt ein breites Spektrum möglicher nudging-Maßnahmen, die sich in die Kategorien Verfügbarkeit, Platzierung, Funktionalität, Präsentation, Größe und Information/Hinweisreize einteilen lassen. Diese Kategorien werden im Vortrag mit Beispielen aus eigenen Studien veranschaulicht.
Metaanalysen zeigen schwache bis mittlere Effektstärken von singulären oder multiplen nudging-Maßnahmen. Eigene Ergebnisse in der Gemeinschaftsgastronomie bewegen sich in vergleichbaren Größenordnungen.
Schlussfolgerung Die Studienlage zur Wirksamkeit ist hinsichtlich der Vielzahl möglicher Maßnahmen und Aspekte naturgemäß begrenzt. Es zeigt sich ein Potential von nudging zur Förderung einer nachhaltigeren Ernährung. Ein Zusammenwirken aller Ansätze erscheint besonders zielführend und geboten, um in Hinblick auf den Klimawandel zügig notwendige Modifikationen herbeizuführen.
Publication History
Article published online:
22 August 2022
© 2022. Thieme. All rights reserved.
Georg Thieme Verlag
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart,
Germany