Gesundheitswesen 2022; 84(08/09): 734-735
DOI: 10.1055/s-0042-1753642
Abstracts | DGSMP/DGMS
Vorträge
Thema: Gesundheitskompetenz und Gesundheitsverhalten

„Was ich empfehle, ist im Idealfall relativ konkret, einfach und gut umsetzbar.“ Ergebnisse einer qualitativen Interviewstudie zu Gesundheitskompetenz-orientierter Beratung durch Pädiater*innen am Beispiel der frühkindlichen Allergieprävention.

J von Sommoggy
1   Universität Regensburg, Medizinische Soziologie/Institut für Epidemiologie und Präventivmedizin, Regensburg, Deutschland
,
E-M Grepmeier
2   Otto-von-Guericke- Universität Magdeburg, Institut für Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung, Magdeburg, Deutschland
,
J Curbach
3   OTH Regensburg, Fakultät für Betriebswirtschaft, Regensburg, Deutschland
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Einleitung Pädiater*innen sind wichtige Gesundheitsberater*innen für Eltern und können diese in ihrer Gesundheitskompetenz (GK), also der Fähigkeit, Informationen zu beziehen, verstehen, bewerten und anzuwenden, unterstützen. Hinsichtlich der steigenden Prävalenz von Allergien erscheint eine GK-orientierte Beratung in den ersten Lebensjahren wichtig, um Eltern in der Prävention von Allergien zu unterstützen. In dieser Studie, durchgeführt im Rahmen der DFG-geförderten Forschungsgruppe HELICAP (FOR 2959), wurde untersucht, wie Pädiater*innen wissenschaftliche Evidenz zu frühkindlicher Allergieprävention (FKAP) vermitteln und wie sie dabei die elterliche GK berücksichtigen.

Methoden 19 niedergelassene Pädiater*innen (aus BY und NRW) wurden telefonisch in qualitativen, semi-standardisierten Leitfadeninterviews befragt. Die Interviews wurden aufgezeichnet, verbatim transkribiert und inhaltsanalytisch nach Kuckartz (2012) computergestützt ausgewertet (Atlas.ti; V8).

Ergebnisse Die vorläufigen Ergebnisse zeigen, dass FKAP vor allem in den ersten U-Untersuchungen relevant ist und teilweise explizit, meist jedoch implizit, bei der Beratung zu Ernährung und Hygiene angesprochen wird. Das Konzept der GK ist den meisten Befragten bekannt, elterliche GK wird aber nicht systematisch eingeschätzt. Die Pädiater*innen berichten, dass sie ihre Patient*innen im Hinblick auf ihre GK schon vor dem Zusammentreffen einschätzen, beispielsweise durch Anamnesebögen, Erhebung von Ausbildung und Beruf der Eltern sowie Voruntersuchungen durch medizinische Fachangestellte. Im Arzt-Patienten-Kontakt beschreiben sie, neben dem persönlichen Gespräch, auch die Körperhaltung sowie die Eltern-Kind Interaktion als wichtig, um die Eltern und deren Informationsbedarf einschätzen zu können. Um FKAP-relevantes Wissen zu vermitteln, geben die befragten Pädiater*innen an, vor allem einfache Sprache zu nutzen, Fachbegriffe zu vermeiden und zu visualisieren, z.B. durch Abbildungen sowie eigenes Aufzeichnen. Die Befragten gehen davon aus, dass sie durch den häufigen Kontakt mit Familien im ersten Lebensjahr das patient*innenseitige Verständnis sicherstellen und prüfen können, ob medizinische Empfehlungen befolgt werden. Zeitmangel wird als Problem genannt, um adäquat über alle relevanten Themen informieren zu können. Wissenschaftliche Evidenz wird teils direkt weitergegeben, meist aber angepasst und gefiltert. Dies gilt auch für schriftliche Informationen, die aber hinsichtlich ihres Nutzens unterschiedlich beurteilt werden. Einige Interviewpartner*innen berichten, dass Eltern aufgrund der Vielfalt von Informationsmöglichkeiten zum Thema FKAP eher verunsichert sind.

Schlussfolgerung Aufgrund ihrer prädestinierten Rolle als Präventionsberater*innen erscheint es wünschenswert, dass Pädiater*innen die GK von Eltern möglichst systematisch und valide einschätzen, um diese bedürfnisgerechter beraten zu können.



Publication History

Article published online:
22 August 2022

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