Krankenhaushygiene up2date 2016; 11(03): 224-225
DOI: 10.1055/s-0042-115471
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Arbeiten trotz Infektionskrankheit?

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Publication Date:
05 September 2016 (online)

Fazit

„Primum non nocere“ lautet die Überschrift des begleitenden Editorials zu den Umfrageergebnissen von Szymczak et al. und es ist schon erschütternd zu lesen, dass 80 % der Mitarbeiter in einer Kinderklinik mit eindeutigen Symptomen einer akuten Infektionskrankheit zur Arbeit kommen, obwohl sie wissen, dass sie dadurch ihre kleinen Patienten aber auch die Kollegen anstecken können. Noch erstaunlicher ist, dass 57 % der Studienteilnehmer glauben, ihre eigenen Symptome nicht richtig einschätzen zu können (wollen?), obwohl sie in einem Umfeld arbeiten, in dem Infektionskrankheiten (insbesondere virale Atemwegsinfektionen und Durchfallerkrankungen!) zum klinischen Alltag gehören. Gründe für das in jeder Hinsicht kontraproduktive Verhalten des Arbeitens mit akuten Symptomen einer Infektionskrankheit liegen in dem irregeleiteten Glauben unersetzbar zu sein und einem offensichtlich starken kulturellen und sozialen Druck – zumindest in der untersuchten Einrichtung. Während das Fehlen von Regelungen für die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und gravierende finanzielle Einbußen durch Krankheitstage in Deutschland kein relevantes Problem darstellen dürfte, sind uns Personalmangel und Selbstüberschätzung auch hierzulande bekannt. Entscheidend dürfte daher sein, in den Krankenhäusern ein Bewusstsein zu schaffen, dass das Arbeiten mit floriden Symptomen einer Infektionskrankheit für alle Beteiligten schädlich ist. Sichtbar an einer Infektionskrankheit leidende Kolleginnen und Kollegen dürfen nicht als „Helden der Arbeit“ gefeiert und bewundert werden, sondern müssen von den Vorgesetzten nach Hause geschickt werden, um die übrigen Mitarbeiter und die Patienten vor einer Infektionsgefährdung zu schützen. Dabei dürften deutsche Mediziner hoffentlich eine allergische Rhinitis und einen einfachen Schnupfen von einer schweren Atemwegserkrankung mit Fieber unterscheiden können und bei starkem Durchfall und schwallartigem Erbrechen solange zu Hause bleiben (wenn auch nicht wie ihre Patienten im Krankenhaus im Einzelzimmer mit Warnschild an der Tür), bis die Symptome für mindestens 2 Tage abgeklungen sind.