Flugmedizin · Tropenmedizin · Reisemedizin - FTR 2016; 23(05): 215
DOI: 10.1055/s-0042-113231
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Legionellen können trotz umfangreicher Sanierungsmaßnahmen im Trinkwassersystem persistieren

Wiederkehrende Legionelleninfektionen durch einen Genotyp an Bord eines Schiffes
Stefan Neidhardt
1   Kronshagen, Deutsche Gesellschaft für Maritime Medizin
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Publication Date:
19 October 2016 (online)

Kommentar

Die Studie zeigt deutlich, dass Ursachen trinkwasserbedingter Infektionen an Bord von Schiffen sehr differenziert betrachtet werden müssen. Im Gegensatz zu ortsfesten Gebäuden, die dauerhaft mit Wasser aus ein und derselben Quelle versorgt werden, wechselt das Schiff häufig durch Bunkern in verschiedenen Häfen die Wasserbezugsquelle. So war es auch bei dem in der Publikation untersuchten Versorgungsschiff. Im Regelfall wird durch Filterung und UV-Desinfektion ein Schutz des Bordsystems gegen Keime in dem übernommenen Wasser erreicht.

Darüber hinaus ist aus schiffbaulichen Gründen die Verrohrung oftmals deutlich komplexer als bei üblichen Gebäuden an Land, was wiederum Desinfektionsmaßnahmen erschwert. Vor diesem Hintergrund muss aufgrund der publizierten Ergebnisse bei Trinkwasserversorgungsanlagen an Bord offensichtlich damit gerechnet werden, dass sich entgegen der üblichen Annahme einer externen Kontamination durch Bunkerwasser ein Genotyp den Umweltbedingungen des Trinkwassersystems derart effektiv anpassen kann, dass er Desinfektionsmaßnahmen überleben und zunächst in geringsten Konzentrationen unterhalb der Nachweisschwelle mikrobiologischer Untersuchungsverfahren persistieren kann, um dann erneut das Trinkwassersystem zu besiedeln und infektiöse Konzentrationen zu erreichen.

Die Hypothese der Autoren, dass Änderungen in der Pathogenität des Legionellengenotyps für die Ausbrüche verantwortlich gewesen sein können, ist durchaus beachtenswert, ändert aber nichts an der Tatsache, dass die nachgewiesene irreversible Besiedelung eines Trinkwassersystems durch einen pathogenen Erreger grundsätzlich ein nicht tolerables Risiko für Besatzung und eingeschifftes Personal darstellt.

Das in der Publikation nachgewiesene Phänomen verdeutlicht die Bedeutung einer technisch sicheren Auslegung der Trinkwasserversorgungsanlage an Bord von Schiffen, um derartige irreversible Besiedelungen zu verhindern. Im Falle des norwegischen Versorgungsschiffs wurde nach dem dritten Ausbruch offensichtlich die Hoffnung aufgegeben, jene persistierende Legionelle nachhaltig zu beseitigen und eine Anlage zur dauerhaften Chlorung des Wassers eingebaut.