Ahlen C, Aas M, Krusnell J, Iversen OJ. A single Legionella pneumophila genotype in
the freshwater system in a ship experiencing three separate outbreaks of legionellosis
in 6 years. Microb Ecol Health Dis 2016 Aug 10; 27: 31148
Thema: Legionellen finden sich weltweit in Frischwasser und können sich insbesondere in
technischen Systemen nachhaltig ansiedeln. Der Übertragungsweg erfolgt durch Einatmen
von aerosolisiertem, erregerhaltigem Wasser auf vielfältigen Wegen. Neben Duschen
und allerlei Wassersprühsystemen sind insbesondere Rückkühlwerke von Klimaanlagen
in der Lage, großflächig Menschen zu infizieren. Dies führt bei den Betroffenen zu
grippeähnlichen Symptomen (Pontiac-Fieber) bis hin zu schweren, atypischen Lungenentzündungen.
Auch Frischwassersysteme von Schiffen sind empfänglich gegenüber einer Besiedelung
durch Legionellen. Ausbrüche an Bord von Schiffen sind bekannt, was die Etablierung
entsprechender Überwachungsprogramme begründet. Der Artikel beschreibt eine interessante
Erkenntnis, die aus Probenahmen im Rahmen mehrerer Krankheitsausbrüche mit nachfolgenden
Sanierungsmaßnahmen an Bord eines weltweit eingesetzten norwegischen Offshoreversorgungsschiffs
gewonnen wurde.
Projekt: Datengrundlage waren verschiedene Beprobungen im Laufe von 6 Jahren:
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Im März 2008 erkrankte ein Mitarbeiter einer Fremdfirma an Bord an Legionellose. In
der darauffolgenden Beprobung konnten Legionellen im Trinkwasserversorgungssystem
nachgewiesen werden. Es erfolgte eine Hitzebehandlung und Hochchlorung des Systems.
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Im September 2009 kam es erneut zu einem Krankheitsfall, diesmal bei einem Besatzungsmitglied.
Erneut konnten Legionellen nachgewiesen werden, es erfolgte eine Sanierung entsprechend
anerkannter Empfehlungen.
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Anfang August 2013 kam es wiederum zu einem Legionelloseausbruch an Bord, wobei diesmal
7 Besatzungsmitglieder betroffen waren. Anlässlich dieses Ereignisses erfolgte die
dritte Beprobung mit positivem Ergebnis.
Bei allen Beprobungsserien wurde ein gleichartiges Methodenset eingesetzt und die
kultivierten Erreger sowohl sero- als auch genotypisiert.
Ergebnis: Im Frischwassersystem des Schiffes konnte im Laufe von 6 Jahren trotz umfangreicher
Sanierungsmaßnahmen bei wiederkehrenden Ausbrüchen der gleiche Legionellagenotyp nachgewiesen
werden, der zudem der einzig nachweisbare war. Es war leider nicht möglich, Patientenmaterial
zu untersuchen, sodass der definitive Nachweis der Kausalität nicht erbracht werden
konnte. Die Wahrscheinlichkeit kann aufgrund der zeitlichen Nähe und der Expositionszeit
an Bord jedoch als sehr hoch gelten.
Fazit: An Bord eines weltweit eingesetzten norwegischen Offshoreversorgungsschiffs kam es
trotz hohem technischen Standard innerhalb von 6 Jahren zu 3 Ausbrüchen, die mit hoher
Wahrscheinlichkeit auf die Besiedelung des Frischwassersystems mit einer genotypisch
identischen Legionellenart zurückzuführen war.
Die Studie zeigt deutlich, dass Ursachen trinkwasserbedingter Infektionen an Bord
von Schiffen sehr differenziert betrachtet werden müssen. Im Gegensatz zu ortsfesten
Gebäuden, die dauerhaft mit Wasser aus ein und derselben Quelle versorgt werden, wechselt
das Schiff häufig durch Bunkern in verschiedenen Häfen die Wasserbezugsquelle. So
war es auch bei dem in der Publikation untersuchten Versorgungsschiff. Im Regelfall
wird durch Filterung und UV-Desinfektion ein Schutz des Bordsystems gegen Keime in
dem übernommenen Wasser erreicht.
Darüber hinaus ist aus schiffbaulichen Gründen die Verrohrung oftmals deutlich komplexer
als bei üblichen Gebäuden an Land, was wiederum Desinfektionsmaßnahmen erschwert.
Vor diesem Hintergrund muss aufgrund der publizierten Ergebnisse bei Trinkwasserversorgungsanlagen
an Bord offensichtlich damit gerechnet werden, dass sich entgegen der üblichen Annahme
einer externen Kontamination durch Bunkerwasser ein Genotyp den Umweltbedingungen
des Trinkwassersystems derart effektiv anpassen kann, dass er Desinfektionsmaßnahmen
überleben und zunächst in geringsten Konzentrationen unterhalb der Nachweisschwelle
mikrobiologischer Untersuchungsverfahren persistieren kann, um dann erneut das Trinkwassersystem
zu besiedeln und infektiöse Konzentrationen zu erreichen.
Die Hypothese der Autoren, dass Änderungen in der Pathogenität des Legionellengenotyps
für die Ausbrüche verantwortlich gewesen sein können, ist durchaus beachtenswert,
ändert aber nichts an der Tatsache, dass die nachgewiesene irreversible Besiedelung
eines Trinkwassersystems durch einen pathogenen Erreger grundsätzlich ein nicht tolerables
Risiko für Besatzung und eingeschifftes Personal darstellt.
Das in der Publikation nachgewiesene Phänomen verdeutlicht die Bedeutung einer technisch
sicheren Auslegung der Trinkwasserversorgungsanlage an Bord von Schiffen, um derartige
irreversible Besiedelungen zu verhindern. Im Falle des norwegischen Versorgungsschiffs
wurde nach dem dritten Ausbruch offensichtlich die Hoffnung aufgegeben, jene persistierende
Legionelle nachhaltig zu beseitigen und eine Anlage zur dauerhaften Chlorung des Wassers
eingebaut.