Aktuelle Dermatologie 2016; 42(04): 131-138
DOI: 10.1055/s-0041-109029
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© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Das Pellagra gestern und heute – Auf den Spuren eines Jahrhunderträtsels

Pellagra then and now – Following the Trace of a Centuries-Riddle
A. Montag
Praxis für Dermatologie und Venerologie, Hamburg
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Publikationsdatum:
12. April 2016 (online)

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Zusammenfassung

Das Pellagra ist eine Erkrankung, die durch die Entdeckung des Niacins ihren großen Schrecken verloren hat, aber dennoch weiterhin im Blick behalten werden muss. Von herausgehobener Bedeutung ist sie noch heute in Elendsvierteln und Flüchtlingslagern, aber auch anderen provisorischen Massenunterkünften mit einseitiger oder mangelhafter Ernährung. Pellagra ist eng verbunden mit der Kulturgeschichte des Mais in Europa. Mais ist mit einer Erntemenge von weltweit über 1 Milliarde Tonnen im Jahr 2014 das derzeit mengenmäßig bedeutsamste Getreide unserer Erde. Die Zahl der Flüchtlinge weltweit hat mit aktuell über 50 Millionen ebenfalls einen neuen Rekord erreicht. Das Pellagra ist auch in dieser neuen Dimension menschlichen Elends eine aktuelle Bedrohung, ebenso wie andere Erkrankungen durch Mangel- und Fehlernährung. Im Rahmen medikamentöser Nebenwirkungen, Alkoholismus und konsumierender Grunderkrankungen stellt das Pellagra in den Industrieländern nach wie vor eine unterschätzte Gefahr dar. Die folgende Übersicht soll dazu beitragen, sich des Pellagra auch in unseren Tagen stets differentialdiagnostisch bewusst zu sein.

Abstract

After the discovery of Niacin, Pellagra has lost its threatening consequences, but still needs to be considered in slum areas, refugee camps and temporary mass accommodations. Pellagra is closely related to the cultural history of maize in Europe. The global harvest size of maize for the year 2014 was more than 1 billion tons. The serious challenge of 50 million refugees is a new dimension of human distress and of particular significance for pellagra as well as other diseases caused by hunger and malnutrition. Adverse drug reactions, alcoholism and consuming underlying diseases are often underestimated reasons for pellagra in industrialized countries. The following review aims to facilitate constant awareness of pellagra as a differential diagnostic option.