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DOI: 10.1055/s-0040-1714003
Spontane Schwangerschaft mit gutem Verlauf unter Peritonealdialyse
Hintergrund: Die Konzeptionsrate bei Frauen mit chronischer Niereninsuffizienz liegt bei ~ 0,5%/Jahr. Es besteht ein hohes Risiko für Fehl- (~ 50%, auch IUFT) und Frühgeburten (~ 80% bei Dialysepatientinnen) sowie die Verschlechterung der maternalen Befunde bis hin zur Prä-/Eklampsie. Die Chancen auf eine Schwangerschaft und ein gesundes Kind bei Patientinnen mit Peritonealdialyse liegen niedriger als bei Hämodialyse.
Fall: Die 30j. G1 wurde uns nach spontaner Konzeption in der 22 + 0 SSW vorgestellt. Es bestand eine terminale Niereninsuffizienz bei unilateraler Nierenagenesie und Glomerulosklerose mit IgA-Nephropathie, welche mit kontinuierlicher zyklischer Bauchfelldialyse (CCPD) behandelt wurde. Zunächst erfolgte ein ambulantes, engmaschiges interdisziplinäres Management. Während der Schwangerschaft hatte die Patientin als Dauermedikation Erythropoetin, Metoprolol, Parikalcitol, Folsäure, Vitamin D, Eisen und HD Vitamine. Die Peritonealdialyse wurde von der Patientin auch während der gesamten Schwangerschaft mit stabilen Retentionswerten fortgesetzt. Eine Umstellung auf eine Hämodialyse war zu keinem Zeitpunkt erforderlich. Die stationäre Betreuung wurde bei vorzeitigen Wehen und zunehmender Proteinurie (2,5 g/d) 34 + 0 SSW erstmals indiziert. Sonographisches Schätzgewicht 1800 g (P10), mildes Polyhydramnion, Doppler und Cervixlänge in der Norm. Hb 9,4 g/dl, Crea 4,3 mg/dl, K 3,6 mmol/l. Physiologische RR-Werte unter Metoprolol (vorbestehende Medikation). Nach Sistieren der Wehen war ein erneutes ambulantes Management möglich. Bei heterozygoter F-II-Mutation empfahlen wir Tinzaparin zur Antikoagulation. Die Wiederaufnahme erfolgte 36 + 2 SSW bei steigenden RR-Werten (max. 157/100 mmHg), zunehmender Proteinurie (Prot/Crea-Quotient 5500 mg/g) und Ödemen. Laborchemisch zeigten sich folgende Befunde: Hb 10,1 g/dl, Creatinin 4,08 mg/dl, sonst unauffällige Werte. CTG und fetaler Doppler physiologisch. Wir stellten die Indikation zur Geburtseinleitung mit Misoprostol. Die Peritonealdialyse wurde während der Geburt pausiert. Problemlose VE bei pathologischem CTG in der AP 36 + 4 SSW: Mädchen, 2060 g (P4), APGAR 9/10/10, pH 7,31, BE − 5,5). Postpartal normalisierten sich die mütterlichen RR-Werte. Eine zusätzliche antihypertensive Therapie war nicht erforderlich. Die Retentionswerte waren unter Peritonealdialyse stabil. Unauffälliger weiterer Verlauf von Mutter und Kind mit Entlassung am 6. Tag postpartal.
Zusammenfassung: Bei Patientinnen mit chronischer Nierenerkrankung sind die Erfolgsaussichten auf eine Schwangerschaft und ein gesundes Kind stark abhängig von Nierenfunktion, RR-Einstellung, Proteinurie und Krankheitsaktivität. Eine Schwangerschaft bei einer dialysepflichtigen Patientin ist eine Rarität und sollte aufgrund der hohen maternalen und fetalen Risiken interdisziplinär in einem Perinatalzentrum betreut werden.
Publication History
Article published online:
14 July 2020
Georg Thieme Verlag KG
Stuttgart · New York