Pneumologie 2018; 72(07): 534-535
DOI: 10.1055/s-0038-1660913
Abstracts
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Darm und Lunge: Interaktion über die Mikrobiota

TM Fuchs
1   Friedrich-Loeffler-Institut, Institut für molekulare Pathogenese, Jena
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Publication Date:
10 July 2018 (online)

 

Einleitung:

Die Mikrobiota spielt eine entscheidende Rolle in der Ausreifung des Immunsystems. Änderungen ihrer Zusammensetzung und Funktion, also eine Dysbiose, beeinflusst die Immunantwort des Wirtes in Darm und Lunge und ist zumindest mit dem Entstehen und dem Verlauf von Lungenerkrankungen korreliert. Insbesondere die immunologische Interaktion zwischen dem Darm und der Lunge, die sogenannte Darm-Lungen-Achse, ist ein aufstrebendes Forschungsfeld, das neue Erkenntnisse darüber verspricht, mit welchen therapeutischen Möglichkeiten die Darm-Mikrobiota zur Behandlung von Lungenerkrankungen manipuliert werden kann.

Relevante Literaturergebnisse:

Es gibt eine gemeinsame mukosale Immunantwort, die maßgeblich zu der postulierten Darm-Lungen-Achse beiträgt. Der Gastrointestinaltrakt ist hierfür insofern entscheidend, als er letztlich allen Pathogenen oder Allergenen, die über das respiratorische System aufgenommen werden, ausgesetzt wird. Störungen der intestinalen Homöostase durch Änderungen der Darm-Mikrobiota können drastische Effekte auf die systemische bzw. Lungen-Immunantwort haben. Umgekehrt vermittelt die Lunge Immunantworten an den Darm durch die Wanderung vorprogrammierter Lymphoidzellen und/oder inflammatorischer Mediatormoleküle. Eine homeostatische Darm-Mikrobiota wiederum trägt positiv zu einem gesunden Immunsystem – insbesondere durch die Produktion von kurzkettigen Fettsäuren – bei, die anti-inflammatorische Antworten und Immunotoleranz hervorrufen. Dysbiose ausgelöst durch Rauchen, Antibiose oder Infektion wiederum findet sich häufig im Zusammenhang mit pneumonalen Erkrankungen wie Asthma oder COPD.

Perspektiven:

Es gibt eine Vielzahl von wichtigen Fragestellungen auf dem skizzierten Forschungsgebiet. Beispielsweise, ob die orale Antibiotika-Gabe bei Tieren auf indirektem Weg die Zusammensetzung der Lungen-Mikrobiota beeinflussen kann. Und falls ja, ob eine solche Veränderung neutral, schädlich oder vorteilhaft für den Wirt ist? Eine andere wichtige Frage ist, ob eine veränderte Lungen-Mikrobiota aufgrund einer veränderten Funktionsweise zur Entstehung einer Lungenkrankheit beiträgt, oder ob ein solcher Phänotyp der Mikrobiota lediglich einen Marker einer Schädigung oder einer Entzündungsreaktion darstellt. Von besonderer Bedeutung wären auch Antworten auf die Frage, ob die Lungen-Mikrobiota mittels Probiotika oder Impfung therapeutisch so manipuliert werden kann, dass ein Krankheitsverlauf abgemildert oder gar rückgängig gemacht wird.